Schwarz-Grün in Gladbeck

■ Kulturrevolution im Kohlenpott im Kampf gegen SPD-Filz

Gladbeck (taz) – Dieses Bündnis wird Geschichte schreiben. Ausgerechnet im Revier steigt der erste schwarz-grüne Pakt auf städtischer Ebene in Nordrhein-Westfalen. Gladbeck, die 80.000 Einwohner zählende, am nördlichen Rand des Kohlenpotts gelegene Stadt, wird künftig von einem CDU-Bürgermeister regiert. Darauf haben sich die örtlichen Christdemokraten und Bündnisgrünen am Wochenende verständigt. Zusammen mit einer in den Rat gewählten freien Wählergemeinschaft wollen die drei Partner für neuen Schwung in der jahrzehntelang von den Sozialdemokraten allein regierten Stadt sorgen. Das Ziel: Aufbrechen des roten Filzes, der überall im Revier grassiert.

Bei den Grünen fiel die Entscheidung zugunsten der CDU mit nur einer Gegenstimme überraschend klar aus. Ratsmitglied Franz Wegener beschreibt die örtliche Situation so: „Wir hatten im Prinzip die Wahl zwischen der CSU und der CDU. Da haben wir uns für die CDU entschieden.“ Während die CDU in Gladbeck eher eine „sozial orientierte, arbeitnehmerfreundliche Politik“ verfolge, sei die SPD vor Ort eine „rechtskonservative Partei“, so „rechts wie wohl kaum irgendwo sonst“. So habe der designierte CDU-Bürgermeister Eckhard Schwerhoff als Sozialdezernent bei der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt eine humanere Rolle gespielt als die SPD-Politiker. Auch in der Sozialpolitik verfolge die örtliche CDU einen deutlich anderen Kurs als auf Landes- und Bundesebene.

In einer Präambel zum Koalitionsvertrag verweisen Grüne und CDU gemeinsam darauf, daß es sich bei dem neuen Pakt um einen „Sonderfall handelt“. Das Bündnis stelle „ausdrücklich weder ein Alternativmodell für das Land noch für den Bund dar“, sondern diene allein dem Zweck, die „seit Jahrzehnten verkrusteten Strukturen in Gladbeck“ aufzubrechen. Das Mandat dazu haben die WählerInnen erteilt. Während die SPD von 54,2 auf 44,3 Prozent abstürzte und die DKP knapp an der Fünfprozenthürde scheiterte, erzielten CDU und Grüne kräftige Zugewinne. Zusammen mit der freien Wählergemeinschaft verfügen sie im Rat über 26 Mandate. Die SPD kommt auf 25 Ratsmitglieder.

Daß das neue Bündnis auch in weiteren Kommunen des Landes zum Zuge kommen wird, steht zu erwarten. Rot-Grün bleibt nach den Worten des Düsseldorfer Fraktionsgeschäftsführers der Bündnisgrünen, Michael Vesper, zwar weiterhin „die Lieblingsfarbe“ für die Grünen, aber wenn vor Ort seine Parteifreunde sich gegen den roten Filz mit den Christdemokraten verbünden, findet auch Vesper daran Gefallen. Walter Jakobs