■ Nach dem Magdeburger das Schweriner Modell?
: Ringstorff am Rubikon

Der Wechsel war zwar noch nicht fällig, aber näher, da ist man sich in Bonn sicher, näher ist man ihm ein ganzes Stück gekommen. Dieweil schon über Brüche und Übergangsmodelle sinniert und über Zeiträume spekuliert wird, ist „im Osten nichts Neues“ zu vermelden, und das Alte zeigt sich rüstiger denn je. Die PDS ist nicht nur im Bundestag präsent, sondern sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Thüringen die entscheidende dritte Kraft im Lande geworden. Die Strategie des Absterbens durch Ignorieren ist gescheitert. Statt dessen verschwindet der originäre Kontrapart der PDS, die Bürgerbewegung, aus den Landtagen.

Eingedenk dieser Entwicklung ist die SPD in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Entscheidung konfrontiert, die seit der Bildung der Minderheitsregierung in Magdeburg virulent war: Wie halten wir es mit der PDS? Die Parole, die der Parteivorsitzende Scharping im Sommer ausgab – keine Regierung bilden, die auf die Unterstützung der PDS angewiesen ist –, war allenfalls dazu angetan, sich den Rücken im Wahlkampf freizuhalten und die Debatte abzubrechen, bevor sie geführt war. Nun steht sie ihm erneut ins Haus, und er selbst nährt den Zweifel an der Klarheit seiner Position, wenn er dem Landesvorsitzenden Ringstorff Rückendeckung für Sondierungsgespräche gibt. Wozu sondieren, wenn es kein Ergebnis geben darf? Um Druck auf die CDU auszuüben? Eine untaugliche, weil durchschaubare Finte. Um eine Übereinkunft zu erzielen? Der erste „Wortbruch“ des SPD-Chefs wäre perfekt, er könnte sich allenfalls auf die Rolle des Herren zurückziehen, dessen Wort im eigenen Hause nichts gilt. Von daher ist der Druck der Baracke auf Ringstorff gewaltig, den ideologischen Rubikon nicht zu überschreiten, der nicht nur in seinen Augen allenfalls eine Pfütze ist, bei deren Durchschreiten man sich zwar schmutzig macht, gleichwohl aber vorwärtskommt.

Ringstorff hat die Moral auf seiner Seite, ist doch die eigentliche, die historisch gewachsene, Koalition die zwischen PDS und CDU, während die eigentliche Opposition, die der Bürgerbewegung, in den Reihen seiner eigenen Fraktion zu finden ist. Deren Ablehnung speist sich aus fundierterer Quelle als die Vorgaben der Bonner Parteispitze. Beider Voten werden im Einklang mit einem medialen Theaterdonner Ringstorff davon abbringen, seine PDS-Option bis zum Ende zu verfolgen. Gelänge es ihm jedoch unterhalb dieser Ebene, die Hermetik gegenüber der PDS zu durchbrechen und eine auf Dauer und nicht nur aus Taktik angelegte Öffnung zu deren Reformkräften zu erreichen, hätte er seinen Beitrag dazu geleistet, daß ein Wechsel im Osten nicht allein als westdeutsches Politikmodell gilt. Dieter Rulff