Millionengeschenk an Alteigentümer?

■ Fehrbelliner Straße 5: Wohnungsbaugesellschaft WIP räumt besetztes Haus / Baubeginn ohne Einwilligung der Eigentümer

Gestern mittag ließ die Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP) die Fehrbelliner Straße 5 in Prenzlauer Berg ein zweites Mal räumen. Der Grund: es soll nun endlich mit den Sanierungsarbeiten in dem seit einem Jahr besetzten und Ende Juli erstmals geräumten Gebäude begonnen werden. Wie berichtet, stehen dafür seit zwei Jahren 2,6 Millionen Mark bereit. Laut WIP sind sie bislang nur deshalb nicht verbaut worden, weil man irrtümlicherweise angenommen habe, das Gebäude befinde sich im Besitz der Bundesvermögensverwaltung.

Nun freilich befindet sich die Fehrbelliner Straße 5 kurz vor der Restitution an die Alteigentümer. Und deren Anwalt habe, so die geräumten Besetzer unter Berufung auf den Prenzelberger Baustadtrat Matthias Klipp, der WIP den Einsatz öffentlicher Fördergelder bereits am vergangenen Donnerstag untersagt. Für die WIP freilich kein Hindernis. „Wir sind ja keine Selbstmörder“, zeigte sich gestern WIP-Bauleiter Klaus Peter optimistisch. Er jedenfalls gehe davon aus, daß die Eigentümer mit Sicherheit noch in die Förderverträge einsteigen werden. Das WIP- Aufsichtsratsmitglied Matthias Klipp wird offenbar ausgetrickst. Noch gestern früh betonte der von der Wählergemeinschaft Prenzlauer Berg gestellte Baustadtrat, daß mit einer Räumung und einem Beginn der Sanierungsmaßnahmen nicht zu rechnen sei.

Daß die WIP gestern mittag dennoch mit den Baumaßnahmen begonnen hat, begründete WIP- Sprecherin Kunitz gegenüber der taz damit, daß es im Laufe des Vormittags eine Einigung mit den Eigentümern respektive einem Kaufinteressenten für das Gebäude gegeben habe. Kunitz räumte allerdings ein, daß es bislang keine schriftliche Vereinbarung über Sozialbindung oder Mietpreisbegrenzung gebe. Daß die Hoffnung auf den Goodwill der Eigentümer tatsächlich einem wohnungspolitisches Suizidkommando gleichkommen könnte, weiß auch die WIP, die in einem ähnlichen Fall in der Choriner Straße bereits einmal das Nachsehen hatte. Und in der Mainzer Straße wurde im vergangenen Jahr offensichtlich, daß eine Modernisierung ohne ausdrückliche Vereinbarung mit dem Eigentümer vor allem eins bedeuten kann: ein Sanierungsgeschenk in Millionenhöhe, bei dem sich der Eigentümer hinterher weder um Sozialbindungen zu scheren hat und – wie in der Mainzer Straße – die mit Steuergeldern finanzierten Wohnungen sogar als Eigentumswohnungen gewinnbringend verscherbeln kann.

Für Bernd Holtfreter von der Initiative „Wir bleiben alle“ gab die gestrige Aktion denn auch Anlaß zur Vermutung, daß der Baubeginn für die WIP womöglich nur der Vorwand dafür gewesen sei, das Gebäude zu räumen, um es möglichst schnell und bewohnerfrei an die Alteigentümer übergeben zu können. „Immerhin“, so Holtfreter, „hat die WIP beim Amt für offene Vermögensfragen darauf gedrängt, die Restitution zu beschleunigen.“ Wolle man aber tatsächlich mit öffentlichen Geldern modernisieren, so Holtfreter, „wird in der Regel das Gegenteil betrieben. Die Restitution wird verzögert, um die Bauarbeiten vorher abschließen und das Gebäude vermieten zu können.“ Dazu gab die WIP-Sprecherin gestern keine Auskunft. Uwe Rada