Genetisch veränderte Lebensmittel: Kosmetik für Äpfel

Die USA lassen Gen-Äpfel zu, die nicht braun werden. Damit könne die Lebensmittelverschwendung eingedämmt werden – sagt der Hersteller.

Gen-Apfel? Nein, Plastik auf der Berlin Fashion Week. Bild: dpa

BERLIN taz | Das US-Agrarministerium hat angekündigt, zwei gentechnisch veränderte Apfelsorten für den kommerziellen Anbau zuzulassen. Die Äpfel der Marke Artic sollen sich nicht braun verfärben, wenn sie aufgeschnitten werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Gentech-Produkte „wahrscheinlich nicht eine Schädlingsgefahr für Agrar- und andere Pflanzen in den Vereinigten Staaten darstellen“, teilte das Ministerium mit. Auch das Risiko „relevanter Auswirkungen“ auf die Umwelt stuft die Behörde als gering ein.

Die Zulassung der Äpfel ist aus zwei Gründen ein Meilenstein für die Gentechnik in der Landwirtschaft: Erstens gehören sie zu den wenigen Gentech-Sorten, die Verbrauchern einen direkten Nutzen bringen sollen. Bislang fast alle der weltweit angebauten Gentech-Pflanzen sind resistent gegen bestimmte Pestizide oder Insekten, was den Landwirten die Arbeit erleichtert. Zweitens ist bisher kaum gentechnisch verändertes Obst oder Gemüse auf dem Markt, das – anders als etwa die meiste Gentech-Soja – unverarbeitet gegessen wird.

Die kanadische Herstellerfirma Okanagan Specialty Fruits versucht, ihre Artic-Äpfel den Konsumenten denn auch beispielsweise mit dem Argument schmackhaft zu machen, dass Kinder angebissene Äpfel aufessen würden und so weniger Müll entstehe. „Das spart Ihnen Geld und fördert die Gesundheit Ihrer Familie sowie ein gesünderes Körpergewicht“, heißt es auf einer Internetseite des Unternehmens. Äpfelerzeuger müssten weniger Obst wegschmeißen, weil es zu stark gedrückt wurde. Anbieter von vorgeschnittenen Äpfeln könnten darauf verzichten, das Obst chemisch zu behandeln. Um das zu erreichen, hat die Firma die Gene quasi ausgeschaltet, die für das Braunwerden nach Verletzungen des Fruchtfleisches verantwortlich sind. Dabei haben sie Gene anderer Apfelsorten benutzt.

Doch das verwendete Verfahren mithilfe eines molekularbiologischen Mechanismus namens RNA-Interferenz ist umstritten. Die Gentechnik-kritische US-Organisation Food & Water Watch kritisierte, es gebe immer mehr Belege dafür, dass die Technik unbeabsichtigte Effekte haben könnte – in der Pflanze oder Organismen, die diese essen. Welche Wirkungen das im Fall des Apfels wären, ließ der Verband in seiner Pressemitteilung offen.

Noch keine Zulassung in der EU

Die Gegner warnen auch, mit dem Artic-Apple, der nicht braun wird, könnten Verbraucher getäuscht werden. „Sie könnten glauben, dass sie frische Äpfel essen, obwohl sie Äpfel essen, die kurz davor sind zu verfaulen“, erklärte Food & Water Watch. Zudem führe die gentechnische Veränderung möglicherweise dazu, dass die Artic-Apfelbäume anfälliger für Krankheiten seien als normale. Überhaupt sei das Braunwerden von Äpfeln nur ein „kleines kosmetisches Problem“. Die Organisation Center for Food Safety ergänzte, die Gentech-Pflanzen könnten konventionelle oder Bio-Apfelplantagen in der Nähe kontaminieren.

Die Herstellerfirma antwortete, Apfelblüten würden von Bienen, nicht über Wind bestäubt. Das „ohnehin niedrige“ Auskreuzungsrisiko werde durch vorgeschriebene Mindestabstände zu anderen Plantagen weiter gesenkt. Das Unternehmen will die ersten Gentech-Äpfel in den Varianten Granny Smith und Golden Delicious Ende 2016 auf den US-Markt bringen. In der EU hat es noch keine Zulassung beantragt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.