Euronews in Afrika: Der andere Blick

Der Nachrichtensender Euronews expandiert nach Afrika. Das Ziel: wegkommen vom „weißen Standpunkt“ der Berichterstattung.

Mehr Berichterstatung aus Afrika über Afrika – das soll Africanews lesiten. Bild: ap

In diesem Jahr wird der Nachrichtensender Euronews einen Schwestersender in Afrika starten: Africanews wird von Kongos Hauptstadt Brazzaville aus senden. „Wir werden das erste panafrikanische Medium sein“, kündigte Euronews-Chef Michael Peters an. „Zurzeit sprechen die westlichen Medien nur wenig über den afrikanischen Raum, auch aus dem Grund, weil es kaum Bildmaterial gibt. Das wird sich ändern.“

Bislang hätte eine westliche Sicht die Berichterstattung über den Nachbarkontinent dominiert: „Wir wollen weg von diesem ’weißen‘ Standpunkt“, sagt Peters. Als Beispiel weist er auf eine aktuelle Debatte in Afrika über den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag hin, wo immer wieder afrikanische Staatschefs angeklagt worden seien, während Europäer von dort nichts zu befürchten hätten. „So drängt sich vielen Afrikanern der Eindruck auf, dass ihnen wieder einmal Weiße Lektionen erteilen.“

Könnte das beim Start von Africanews nicht auch so sein? Nein, ist sich der Euronews-Direktor sicher, denn Europäer sollen dort nicht die Federführung übernehmen: Ein Kenianer wird den Sender leiten – und generell sei das Konzept, dass Journalisten aus afrikanischen Ländern Programme für ein Publikum aus afrikanischen Ländern produzieren und senden. Lediglich das Wissen darüber, wie politische und gesellschaftlich relevante Nachrichten gemacht und pankontinental verbreitet werden, so der Anspruch, wird transferiert.

Dieses Wissen, einschließlich Standards für seriöse und unabhängige News, sei international anwendbar, so Peters. Aber gerade die Durchsetzung dieser Standards könnte in Afrika schwierig werden. Denn Pressefreiheit und Menschenrechte werden in vielen Ländern nicht sonderlich geachtet. Auch im Kongo. „Das ist ein großes Problem, nicht nur in Brazzaville“, räumt Peters ein. „Als wir mit dem Projekt starteten, schauten wir uns in vielen Nationen Afrikas um, um einen Standort zu finden, an dem uns die Einhaltung unseres strengen Kodex garantiert wird.“

Deutsche Öffentlich-Rechtliche unbeteiligt

So wird gearbeitet: 400 Journalisten aus 25 Ländern beschäftigt Euronews. Gegründet wurde er 1993, der Hauptsitz des paneuropäischen Senders liegt im französischen Lyon.

So viele schauen zu: Euronews wird laut eigenen Angaben von täglich 3,4 Millionen Menschen über Kabel und Satellit gesehen. Das entspreche der Reichweite von CNN International und BBC World News zusammen. Weitere 3,4 Millionen Menschen sollen Euronews über das terrestrische Fenster der öffentlich-rechtlichen Sender in über 20 Ländern sehen.

Sie fanden nur ein Land – die Republik Kongo. Die Verantwortlichen des Nachrichtensenders sehen es als eine Art Versicherung an, dass die mediale Welt das Projekt genau beobachten wird und ein Scheitern vor allem für die ehemalige Kolonie unangenehme Folgen haben könnte.

Neben der Expansion hat Euronews noch andere Baustellen. Das Dauerproblem: Öffentlich-rechtliche Sender aus Deutschland beteiligen sich nicht an Euronews – anders als vergleichbare Rundfunkanstalten aus anderen europäischen Ländern.

Beim ZDF schwingt so etwas wie Bedauern mit, wenn es aus der Pressestelle heißt, dass es zwischen den Mainzern und Euronews eine lange Tradition der Zusammenarbeit gibt, weil alle wichtigen öffentlich-rechtlichen Stimmen Europas dort ihren Platz haben sollten und weil es gute Gründe gebe, die europäische TV-Landschaft enger zusammenzuführen.

Bildung eines europischen Bewusstseins

Im Jahr 2000 hatte das ZDF Euronews als Kanal sein digitales Angebot aufgenommen, musste das aber wenige Jahre später rückgängig machen, da die Bundesländer damals mit einer Änderung im Rundfunkstaatsvertrag die rechtliche Grundlage für eine Beteiligung entzogen. Dies gilt bis heute, sagt Jacqueline Kraege, zuständige Medien-Staatssekretären von Rheinland-Pfalz, und fügt hinzu: „Rheinland-Pfalz stand einem entsprechenden Engagement der Rundfunkanstalten immer offen gegenüber. Es gilt jedoch zu bedenken, dass dieses erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel erfordern würde.“

Euronews-Chef Peters dagegen betont, dass deutsche öffentlich-rechtliche Sender bei der Gründung von Euronews Anfang der 1990er Jahre führend beteiligt waren. Das habe sich erst mit der Etablierung des Sender-Hauptsitzes in Lyon verändert. Er sieht eine wachsende Bedeutung seines Projekts.

Das Thema Europa werde heute außerhalb Europas mehr beachtet als in Europa selbst, wo die Sicht viel kritischer sei, sagt er. „Daher werden wir mehr und mehr zur Brücke zwischen den Erdteilen, wo unser Publikum in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Wir sind so etwas wie das Fenster von Europa.“ Hinzu kommt der Anspruch, eine Art mediale europäische Öffentlichkeit herzustellen, um so zur Bildung eines europäischen Bewusstseins beizutragen.

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