Steffi Jones wird neue Bundestrainerin: „Aus der kalten Hose heraus“

DFB-Direktorin Steffi Jones folgt im September 2016 auf Silvia Neid. Die Entscheidung kommt überraschend – und wirft etliche Fragen auf.

Sie verspricht, nicht immer nett zu sein: Steffi Jones Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Silvia Neid hat gekonnt das Mikrofon mit dem DFB-Logo nach links überreicht, als die Frage aufgekommen war, ob eine Bundestrainerin wirklich immer nett und freundlich sein könne: Steffi Jones übernahm mit einem Lächeln. Damit war der Stabwechsel bei der gestrigen Pressekonferenz in der Verbandszentrale um die Frauen-Nationalmannschaft auch symbolisch vollzogen: Die bisherige Bundestrainerin Silvia Neid wird ab September 2016 die Leitungsstelle einer neu geschaffenen Scoutingabteilung im weiblichen Segment übernehmen und ihren Posten soll dann die ehemalige Nationalspielerin Steffi Jones antreten.

„Ich bin schon aus der kalten Hose heraus OK-Präsidentin geworden“, sagte die DFB-Direktorin Frauen- und Mädchenfußball, „das ist dann mal die nächste Herausforderung.“ DFB-Präsident Wolfgang Niersbach erklärte: „Steffi drängt es zurück in den Sport.“ Er pries die frühere Präsidentin des Organisationskomitees der Frauen-WM 2011 als „glänzende Repräsentantin“, die in den vergangenen Jahren „nah am Fußball“ drangewesen sei. Die eigentlich naheliegende Lösung, die erfolgreich arbeitende Maren Meinert nach dem WM-Gewinn mit der U20-Nationalmannschaft zu befördern, sei deshalb nicht infrage gekommen, weil die 41-Jährige den öffentlichen Rummel auf dieser Position nicht gewollt hatte, hieß es beim DFB.

Silvia Neid hat hingegen seit geraumer Zeit zu verstehen gegeben, dass sie ihren auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde. „Der Entschluss ist lange in mir gereift“, versicherte die 50-Jährige. Eigentlich wollte die Welttrainerin 2013 den Entschluss erst im Rahmen des Länderspiels gegen Brasilien in Fürth (8. April) öffentlich machen, doch nun dürfe es jeder wissen.

Mehr als drei Jahrzehnte sei die Frauen-Nationalmannschaft der Mittelpunkt ihres beruflichen Daseins gewesen, „vierzehn Jahre als Spielerin, neun Jahre als Assistenz und bald elf Jahre als Cheftrainerin“, zählte sie auf. „Danach habe ich Lust auf was Neues: Ich will noch nicht in Rente gehen.“ Der neue Job sei wie auf sie zugeschnitten, zumal ihre Co-Trainerin Ulrike Ballweg dann von Tina Theune die Nachwuchsförderung und Talentsichtung übernimmt.

Bei der WM in Kanada ist Neid noch Trainerin

Trotzdem bleiben viele Wagnisse bei der neuen personellen Weichenstellung, die laut Niersbach die Strukturen festigen soll. Sollte das Frauen-Nationalteam bei der WM in Kanada (6. Juni bis 5. Juli) das vom Verbandschef ausgegebene Ziel („Für die Frauen gilt dasselbe wie für die U21: Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro“) verfehlen, wäre es ziemlich unlogisch, würde Silvia Neid nach dem WM-Turnier den Job behalten. Aber nur die besten drei europäischen Teams lösen das Olympia-Ticket, und bereits im Viertelfinale könnte der Europameister auf einen Hochkaräter wie Frankreich treffen.

Das weitaus größere Risiko birgt indes die Personalie Steffi Jones: Bei ihrer Tätigkeit in der DFB-Direktion ist sie zuletzt kaum aufgefallen. Angeeckt ist Jones nie. Als größeres Handikap gilt allerdings ihre fehlende Erfahrung als Trainerin: Steffi Jones hat 2007 nur den Kurz-Lehrgang für verdiente deutsche Fußballer und Fußballerinnen absolviert. „Ich hätte mir sicher als Trainerin mehr Vorlauf gewünscht“, gestand die 42-Jährige. Sie erinnere aber an das Beispiel Jürgen Klinsmann. „Mit Disziplin, Ehrgeiz und einem richtig guten Team um mich herum“, glaubt sie, „kann ich meine fachliche Eignung aus der Theorie in die Praxis übertragen.“

Wie Klinsmann wird man ihr fachliche Berater zur Seite stellen müssen. Jones braucht Vertraute in ihrem Trainerstab, die bei taktischen und analytischen Fragen Erfahrung mitbringen. Unangenehme Entscheidungen werden in ihrem neuen Job zudem anstehen. Steffi Jones versicherte indes: „Glauben Sie mir: Ich bin nicht nur lieb und nett!“

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