Streit um Freihandelsabkommen TTIP: Das Europaparlament bockt

Auch in Brüssel wächst der Widerstand gegen das geplante TTIP-Abkommen. Vor allem die Schiedsgerichte kommen schlecht an.

Protestaktion bei einer EU-Wahlkampagne in Nürnberg (Archivbild, Mai 2014) Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Für die EU-Kommission läuft es nicht mehr rund in Sachen TTIP. Erst musste sie ihr Ziel aufgeben, das Freihandelsabkommen mit den USA noch im laufenden Jahr abzuschließen. //www.taz.de/Zweifel-an-Freihandel/!157499/:Dann kassierte sie das Versprechen ein, dass TTIP den Bürgern dauerhaft mehr Einkommen bescheren werde.

Nun müssen die Kommissare sich auch noch mit wachsendem Widerstand nicht nur auf der Straße, sondern auch im Europaparlament auseinandersetzen: 14 Parlamentsausschüsse haben in Sachen Freihandel ein Wörtchen mitzureden, mehr als 2.300 Änderungsanträge zeigen das enorme Interesse der Europaabgeordneten.

In dieser Woche haben die Parlamentarier in verschiedenen Gremien – darunter im Rechts- und Petitionsausschuss – gegen die geplanten Sonderschiedsgerichte für Investoren (ISDS) gestimmt.

„Der Widerstand gegen ISDS wächst“, sagte der sozialdemokratische Vorsitzende des maßgeblichen Handelsausschusses, Bernd Lange. Zuvor hatte er die privaten Schiedsgerichte als „nicht nötig“ bezeichnet.

Rückschlag für Malmström

Dies ist ein herber Rückschlag für die Handelskommissarin Cecilia Malmström. Schließlich hat sie gerade erst versucht, den Skeptikern diese Schiedsgerichte schmackhafter zu machen. Sie schlug vor, dem Abkommen einen Artikel beizufügen, der klarstellt, dass alle Regierungen in freier Weise Ziele des Allgemeinwohls verfolgen und das entsprechende Schutzniveau für die Bürger festlegen können.

Doch das reicht den EU-Parlamentariern nicht. Umstritten bleiben unter anderem der Umfang der gegenseitigen Marktöffnung im Dienstleistungsbereich, der Umgang mit dem Datenschutz und ein Kapitel zur Energiepolitik. „Die Gespräche laufen schleppend, viele Streitpunkte sind offen“, so Ska Keller, handelspolitische Sprecherin der Grünen.

Bei der nächsten Verhandlungsrunde in Washington kommende Woche möchte die EU diesmal das Thema öffentliche Beschaffungsmärkte in den Vordergrund stellen, um den Rüstungssektor, aber auch kommunale Dienstleistungen für EU-Firmen zu öffnen. Die Amerikaner sträuben sich jedoch und fordern im Gegenzug eine weitere, wenn möglich totale Liberalisierung des europäischen Agrarsektors.

Die EU-Kommission sei naiv, wenn sie glaube, dass die USA die „Buy American“-Klausel fallen lassen und die Beschaffungsmärkte öffnen werde, heißt es hinter vorgehaltener Hand in Brüssel. In seiner Verzweiflung hat Verhandlungsführer Ignacio Garcia Bercero sich nun sogar an die EU-Staaten gewandt: Sie müssten sich stärker für TTIP einsetzen, forderte er.

Dämpfer aus Berlin

Das richtete sich vor allem an Berlin. Von dort jedoch kommt nun ein neuer Dämpfer: Nach mehreren positiven Äußerungen zu TTIP äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zuletzt wieder kritisch. „An die wundersamen Berechnungen vom Wirtschaftswachstum durch TTIP glaube ich nicht“, so Gabriel im Focus. Für ihn sei das eine Art von „Voodoo-Ökonomie“.

Die EU-Kommission hatte bis vor Kurzem damit geworben, jede Familie in der EU werde 500 Euro im Jahr mehr verdienen, wenn TTIP in Kraft trete. Nun ist dieses zentrale Werbeargument aus den PR-Broschüren verschwunden.

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