„Endlich mal im eigenen Bett schlafen“

■ Annika Bruhns stellt sich mit Soloprogramm im Neuen Theater am Holstenwall vor

Wenn Annika Bruhns erzählt, wie sie zum Musical gekommen ist, hört sich das an wie der wahrgewordene amerikanische Traum. Ein Freund hatte sie überredet, mit ihr aus Connecticut nach New York zu fahren. Er wollte sich bei der American Musical and Dramatic Academy vorstellen und hatte kein Auto. Seinetwegen verließ sie vorzeitig die Krankenstation, auf der sie gerade lag. Vorsingen wollte sie nicht, denn vom Musical hatte sie, die damals klassischen Gesang studierte, „so wenig Ahnung wie vom Schustern“. Sie lernte dann eine Passage aus Cechows Klassiker Onkel Wanja auswendig, ohne zu wissen, um was es in dem Stück eigentlich ging. Beim Vorsprechen war nach drei Sätzen „alles weg“, sie hat sich einfach was ausgedacht. „Das wars dann wohl“, war ihr Gefühl. Am Ende wurde sie genommen, ihr Freund nicht.

Die gebürtige Hamburgerin ist weit herumgekommen, hat in Israel und den Vereinigten Staaten gelebt. Ihre Mutter wurde als Journalistin versetzt, und sie zog hinterher. Besonders bei spontanen Antworten fällt sie denn auch immer wieder ins Englische. Nach der Ausbildung bekam die heute 27jährige sofort ein Engagement für Les Miserables in Wien, spielte dann auf verschiedenen deutschen Musicalbühnen zum Beispiel die Mary in Jesus Christ Superstar und die Evita. Als „Durchbruch“ sieht sie die Hauptrolle als Cristal in der Rockoper Starmania in Essen.

Nun wohnt Annika Bruhns wieder in ihrer Heimatstadt Hamburg, in der sie sich als Darstellerin etablieren möchte. Wenn schon Deutschland, dann kommen für sie nur die Alternativen Berlin oder Köln in Frage. Aber mit der Musical-Hochburg Hamburg könnten selbst diese Städte „nicht mithalten“. Sie ist deshalb „wahnsinnig froh“, bei Beehive mitspielen zu können, denn so kann sie „endlich mal im eigenen Bett schlafen“. Außerdem mag sie das Stück, wegen der starken „Energie, die dabei auf der Bühne herrscht“.

Ist es nicht langweilig, über Monate hinweg sechsmal pro Woche das gleiche Stück zu spielen? „Ohne Leidenschaft läuft gar nichts“, sagt sie. „Ich entdecke jeden Abend einen neuen Aspekt“. Zudem erklärt der Mezzosopran, „süchtig nach Gesang“ zu sein, ohne den sie einginge, „wie eine Primel am Nordpol“.

Morgen Abend wird sie auf den haarigen „Bienenkorb“ auf ihrem Kopf verzichten, um sich im Neuen Theater Holstenwall mit einem eigenen Programm vorzustellen. Der Titel Two Sides To a Story soll gleichzeitig eine Art Warnung sein. Denn Annika Bruhns zeigt zwei völlig unterschiedliche Seiten von sich. Erst geht es um Musical-Songs, allerdings um unbekanntere Titel. Anschließend zeigt die Sängerin ein Kontrastprogramm mit Rock und Pop. Und hier greift sie auf eine Bandbreite von Meat Loaf bis Melissa Etheridge zurück. Auf Stücke aus ihrer eigenen Feder mußte sie wegen der kurzen Vorbereitung verzichten.

Danach will sie erst einmal Urlaub machen, den ersten nach vier Jahren. Zehn Produktionen in den letzten fünf Jahren, erzählt sie, das habe bedeutet, auf ein Privatleben fast völlig zu verzichten. Auch von den Freunden seien deswegen nur wenige geblieben, die dafür aber „Juwelen sind“. Nun geht es nach Namibia, dafür hat sie erstmals sogar eine interessante Rolle abgelehnt. Werner Hinzpeter

Neues Theater Holstenwall, Sonntag, 14. November., 19 Uhr