Frauenfußball-WM in Kanada: Kompliziertes Kontrastprogramm

Nationaltrainerin Neid hat nur zehn Tage Trainingslager und ein Testspiel zur Vorbereitung. Zwei Spielerinnen müssen noch aussortiert werden.

Auf zum letzten Gefecht: Silvia Neid, hier bei einem Testspiel gegen Brasilien im April Bild: dpa

FRANKFURT taz | Die Versprechungen auf der Hotel-Homepage klingen verlockend. Von einer „traumhaften Lage hoch über dem Zürichsee“ ist die Rede. Vom „idealen Ort für Eingebung, Genuss und Entspannung“. Und von „faszinierenden Welten fernab von jeglicher urbanen Hektik“.

Tatsächlich hat sich die deutsche Frauen-Nationalmannschaft für das einzige Trainingslager vor der WM in Kanada (6. Juni bis 5. Juli) ein Quartier gesucht, das in der anspruchsvollen Region bestens beleumundet ist. Die hochpreisige Herberge in Feusisberg gilt als perfekte Wohlfühloase. „Regeneration steht zunächst an erster Stelle“, sagt Bundestrainerin Silvia Neid.

Inklusive der leicht am Knie verletzten Simone Laudehr wurden am Sonntag 26 Spielerinnen vom Züricher Flughafen mit dem Mannschaftsbus ins Hotel gefahren. Vor allem den acht am Champions-League-Finale beteiligten Akteuren von 1. FFC Frankfurt und Paris St.-Germain wird anfangs noch Schonung verordnet. Und als extrem belastet gilt auch das Quintett vom Pokalsieger VfL Wolfsburg. „Wir müssen in dieser Vorbereitung sehr individuell arbeiten und werden dann am Ende alles zusammenfügen“, erklärt Neid.

Vorbei die Zeit, da die Trainerin wie ein Hirte ihre Schäfchen für einen wochenlangen Streifzug um sich scharen konnte. Zur Erinnerung: Vor der Heim-WM 2011 setzte sie sage und schreibe sieben Lehrgänge und vier Länderspiele vor dem Turnier an: In unzähligen Trainingseinheiten wurde zweieinhalb Monate an Technik und Taktik gefeilt – am Ende allerdings bekanntlich mit unbefriedigendem Ergebnis. Nun startet das Kontrastprogramm: eine zehntägige Vorbereitung wie im Zeitraffer.

Flexibilität ist Trumpf

Bevor überhaupt das einzige Testspiel am 27. Mai gegen die erstmals qualifizierte Schweiz stattfindet, muss schon der endgültige 23er-Kader an die Fifa übermittelt werden (24. Mai). Seit sich vergangenen Freitag doch recht überraschend die schwangere Fatmire Alushi abgemeldet hat, braucht Silvia Neid nur noch zwei Feldspielerinnen auszusortieren. Ihr Kriterium steht: „Sind zwei Spielerinnen gleichstark, spielt die Flexibilität eine große Rolle.“

Es wird ein kompliziertes Personalpuzzle, weil ja auch noch niemand weiß, wie die Kadermitglieder den ungewohnten Kunstrasen vertragen, auf dem in Kanada gespielt wird. Die WM hätte auf Naturrasen gehört, sagt Silvia Neid immer noch, doch sie hat es sich abgewöhnt, darüber ausschweifender zu lamentieren.

Dringender sind ja auch andere Fragen. Etwa die, ob die beim Überraschungsmeister FC Bayern angestellten Leonie Maier, Melanie Behringer, Melanie Leupolz und Lena Lotzen am Wochenende freigestellt werden. In München soll „das gemischte Double“ (Karl-Heinz Rummenigge) gefeiert werden. Aber wie verträgt sich eine Titelsause mit einem Trainingslager? Eigentlich nicht so gut, glaubt Silvia Neid. Man wolle die Strapazen für die Spielerinnen gering halten. Sonst hätte die Wohlfühloase hoch über dem Zürichsee ja ihren Zweck verfehlt.

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