Kuba-Workshop 2016: Erweiterter Blickwinkel

Journalist*innen aus verschiedenen Medien Kubas waren zehn Tage in Berlin zu Gast.

Teilnehmer*innen des zweiten Kuba-Workshops der taz Panter Stiftung Bild: Anja Weber

Von Obama bis Rolling Stones – alle Welt fährt nach Kuba. Die taz Panter Stiftung hat diesen Weg jetzt schon zum zweiten Mal umgedreht und erneut zehn junge kubanische Journalist*innen zu einem Workshop nach Berlin eingeladen. Die TeilnehmerInnen erstellten eine vierseitige Sonderbeilage, die in der taz erschien.

Wie schon im vergangenen Jahr kamen die Kolleg*innen aus unterschiedlichsten Medien – etwa von der Parteizeitung im zentralkubanischen Ciego de Avila, über eine Radiostation in Villa Clara oder von der in Havanna erstellten Granma Internacional, der mehrsprachigen Wochenausgabe des offiziellen Organs der Kommunistischen Partei, bis hin zu neuen unabhängigen Medien wie Periodismo del Barrio, OnCuba oder El Estornudo, dazu Blogger und freie Journalisten.

Elf Tage lang besuchten wir unterschiedliche Redaktionen, ließen uns von Ex-tazlerin Rieke Havertz erklären, wie die Zeit Online funktioniert, besprachen mit Redakteur Hinnerk Berlekamp von der Berliner Zeitung, wie sich die Redaktion eines in den vergangenen Jahren zigfach verkauften Printmediums mit den Wünschen immer neuer Besitzer herumschlägt.

Die Junge Welt wollte keine Zeit haben

Olaf Koppe, Geschäftsführer des Neuen Deutschland, erklärte, wie die einstige DDR Parteizeitung sich heute als unabhängiges linkes Medium zu behaupten versucht. ARD Hauptstadtkorrespondent Arnd Henze erklärte das Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Hristio Boychev stellte den spendenfinanzierten Investigativjournalismus von Correctiv vor.

Und wir selbst natürlich die taz und das Erfolgsmodell der Genossenschaft. Dass ausgerechnet die der kubanischen Regierung nahestehende Junge Welt den Besuch kurzfristig aus organisatorischen Gründen absagen musste, fanden einige aus der Gruppe arg bedauerlich und auch ein wenig verstörend.

Bereits beim Kennenlernen der Teilnehmer*innen im März in Kuba hatten einige großes Interesse daran geäußert, Günther Wallraff kennenzulernen. Denn, was auch Wallraff selbst nicht wusste: Sein Buch „Ganz unten“, also seine Recherche als „Türke Ali“ unterwegs in deutschen Betrieben, gehört auch im Journalismusstudium in Havanna zur Pflichtlektüre.

Das Netzwerk Lingua Trans Fair unterstützte diesen Workshop

Die Rolle des Journalismus in der Gesellschaft

Dieser Workshop wurde durch das Auswärtige Amt finanziell unterstützt.

Dass Wallraff dann tatsächlich für einen Nachmittag nach Berlin kam, um mit den Kubaner*innen ausführlich über seine Methoden und Erfahrungen zu diskutieren, vermerkten fast alle anschließend als besonderes Highlight des Workshops. Natürlich ist es kaum möglich, die Eindrücke des Workshops in Kuba eins zu eins umzusetzen.

Dennoch notierten die Teilnehmer*innen in der Auswertungsrunde eine bedeutende Horizonterweiterung für sich selbst. Er habe gesehen, schrieb einer, „dass es viele Arten gibt, Journalismus zu betreiben, und dass unabhängiger Journalismus möglich ist“. Ein anderer fand den Workshop „eine hervorragende Möglichkeit, mit einem erweiterten und offeneren Blickwinkel über die Rolle zu reflektieren, die Journalismus in der Gesellschaft spielen kann“.

Und auch wir haben viel gelernt. Über Menschen, die auch unter schwierigen Rahmenbedingungen guten Journalismus versuchen – und uns ab und an daran erinnern, dass wir unsere größeren Möglichkeiten vielleicht nicht immer so ausnutzen, wie wir es könnten. Wenn es nach uns geht, kann im kommenden Jahr die nächste Gruppe kommen.

taz-Auslandsredakteur Bernd Pickert betreute den Kuba-Workshop der taz Panter Stiftung.