Personenführung #122: Ralf Buckedahl: Die Form zum Strahlen bringen

Im neu gebildeten Titelblatt-Team hat Ralf Buckedahl als Layouter in den Aufbaujahren das Gesicht der taz geprägt.

Renee Zucker und Ralf Buckedahl auf dem Nationalen Plenum, 30. November 1985, Deutscher Reichstag, Berlin Bild: Christian Schulz

Von Martin Kempe

Er selbst betrachtete sich als Handwerker. Aber er konnte die Gestaltung eines Textes, einer Zeitungsseite, eines Mediums zum Strahlen bringen – mit einer künstlerischen Qualität, die er gleichwohl nicht um ihrer selbst willen schuf, sondern um dem Inhalt der Botschaft die bestmögliche Form zu geben.

Wir wussten, dass er jeden Text, jede Kurzmeldung, jede Zwischenüberschrift gelesen hatte, bevor er sich an seine Arbeit begab. „Form follows function“ – ja, unbedingt, auf dieser Basis schuf er das ästhetische Optimum.

So war es auch, als er Mitte der 80er Jahre zur taz stieß und für die junge, kreativ und chao­tisch von Krise zu Krise taumelnde Zeitung nach zahl­losen Diskussionen erstmals ein ­professionelles Layout schuf. Noch herrschte Basisdemokratie, eine Chefredaktion gab es noch nicht. Die aktuelle Redaktion versuchte, ihre Arbeitsprozesse effektiver zu organisieren. Die Seite eins sollte nicht mehr nebenbei von wechselnden Personen gemacht werden, sondern bewusst als Schaufenster der Zeitung gestaltet werden. Im neu gebildeten Titelblatt-Team hat Ralf in diesen Aufbaujahren der taz das Gesicht der Zeitung geprägt.

Ein unruhiger Geist

Er ist nicht lange bei der taz geblieben. Schon beim Umzug 1988 in die heutige Rudi-Dutschke-Straße war er nicht mehr dabei – ein unruhiger, eigen­williger Geist, immer offen für Veränderung, für neue Aufgaben, neue Wohnorte, neue Menschen und Beziehungen. In Hamburg hat er für die dortigen Großverlage an der Konzeption neuer Zeitschriften mitgewirkt. Er wurde ein erfolgreicher Blattgestalter, in der Branche bekannt und gefragt.

Auch ich habe ihn – wen sonst? – gefragt, als es 2001 galt, eine Mitgliederzeitung für die neugegründete Gewerkschaft ver.di zu konzipieren. Er präsentierte uns, der Vorbereitungsgruppe, seinen Layout-Entwurf für eine moderne gewerkschaftliche Massenzeitung, der in den Grundzügen bis heute das Blatt prägt. Im März erschien die letzte von ihm gestaltete Ausgabe der ver.di PUBLIK. Anfang Mai ist Ralf Buckendahl nach langer Krankheit gestorben.