Videogruß von Boris Sacharow : Hallo aus Kiew, Ukraine

Boris Sacharow hat taz-Gruppen auf deren Reise in Kiew getroffen; der Menschenrechts-Aktivist ist Fernseh-Journalist, u.a. Talkshow-Moderator beim ukrainischen Sender "Espreso.tv", und Direktor der Stiftung "Mensch und Recht".

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Wer mit Boris Sacharow spricht, kann das ständige Klingeln von dessen Handy nicht überhören. Flüchtlinge, Häftlinge, Rechtsanwälte, Asylbewerber, Ehefrauen von Verschwundenen, sie alle erhoffen sich von dem bärtigen Mann mit den gelockten Nackenhaaren Hilfe und Unterstützung.

Schon sehr früh hat Boris Sacharow von Menschenrechtsverletzungen, Geheimdiensten und Verfolgungen Andersdenkender erfahren. Sein Vater, Jewgenij Sacharow, war schon in Sowjetzeiten aktiver Dissident. Und so hat sich die Familie Sacharow fast schon damit abgefunden, dass Geheimdienste ihr Telefon abhören, Gleichgesinnte von den Diensten verhaftet werden. Die Buchstaben KGB lösten bei Boris schon sehr früh Beklemmung und Angst aus.

Für Boris Sacharow war es selbstverständlich, dass er sich den Protesten gegen den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch anschloss. 2010 zeigte er sich solidarisch mit Waldschützern in Charkiw, die der Geheimdienst verfolgte. Und 2013 und 2014 stellte er sich auf die Seite der Maidan-Bewegung. In seinem Kulturzentrum befand sich in diesen schwierigen Monaten der Stab der Maidan-Bewegung von Charkiw, und Boris Sacharow war der Chef dieses Stabes.

2014 zog er mit seiner Familie nach Kiew um, wo er nun als Fernsehjournalist verschiedene Programme hostet. Besonders stolz ist er auf seine Interview-Runden auf ›Espreso.tv‹ zu Menschenrechten.

Trotz aller Kritik an der Verletzung der Menschenrechte unter dem früheren Präsidenten Petro Poroschenko scheint Sacharow diesem politisch doch näher zu stehen als Präsident Selenski. Er hat ein starkes Nationalgefühl, auf seiner Facebook-Seite liest man schon mal ein ›Ruhm der Nation!‹.

Doch wenn ihn jemand um Hilfe bittet, weil er sich in seinen Rechten verletzt fühlt, hilft ihm Boris Sacharow, ohne nach dessen geopolitischer Orientierung zu fragen.

Hoffnung mache ihm, so Sacharow, dass die Ukrainer*nnen ein Volk seien, das keinen autoritären Herrscher dulde. Jeder Versuch, das Volk zu unterdrücken, würden in einen neuen Maidan münden, glaubt er.

Doch gewisse sowjetische Traditionen würden im Volk auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion weiterleben. Es sei ein Unding, dass ein Präsident oder andere höhere Bürokraten glaubten, sie könnten per Telefon Staatsanwälten und Richtern Vorschriften machen. Und auch die Korruption werde das Land wohl noch lange begleiten.

(Auszug aus einem Porträt von Bernhard Clasen über Boris Sacharow im Ukraine-Reiseführer, der 2020 im Trescher-Verlag erscheint)