Dynamos Kufenstar: »Ich, Sergej Jaschin«

■ Ein Stürmer entflammt Berlins Liebe zur Sowjetunion neu

Berlin. »Drushba — Freundschaft...«, begann ein in der DDR allerorts gesungener Chorus, der die brüderliche Unzerstörbarkeit der deutsch-sowjetischen Freundschaft besang. Das Lied ist verstummt, aber wer es heute inmitten der Berliner Eishockeyfans des EHC Dynamo anstimmt, kann wieder mit stimmgewaltigen Mitsängern rechnen. Der Grund heißt Sergej Jaschin. Der 28jährige ist die Angriffshoffnung des 15fachen Meisters der DDR-Mini-Liga in seiner ersten Bundesliga- Saison.

Jaschin kam mit 18 Jahren zu den berühmten Moskauer Dynamos, um sich den Feinschliff eines unberechbaren Stürmers abzuholen. Als dies erledigt war, kanonierte er nicht nur seine Dynamo-Flitzer zur heißbegehrten sowjetischen Landesmeisterschaft, sondern wurde bei vier Weltmeisterschaften bei der Eis- Sbornaja auf die Abwehr der Eishockeywelt losgelassen, um bei der Winterolympiade in Calgary 1988 die goldene Meisterehrung zu erhalten.

Danach wurde die weite UdSSR für Jaschin zu eng. Bei den Edmonton Oilers in Kanada schnupperte er die rauhe NHL-Luft, spielte eine Play-off-Runde und die Saisonvorbereitung mit, um dann doch ohne Vertrag zu bleiben. Da schlug die Stunde des sturmlahmen EHC Dynamo. Der fußballspielende Moskau-Import beim FC Berlin, Pronyschew, berichtete von der Arbeitssuche des Eishockeycracks. Drei Tage später war Sergej Jaschin einer von vier Bundesliga-Profis.

»Ich Sergej« stellte er sich Anfang Oktober den Journalisten vor, die seinen Namen sowieso bald nicht mehr vergessen sollten. Jaschin wurde zur Seele des Berliner Sturms. Er tänzelt und trickst, er wirft sich in den Angriff der Gegner und leitet Konterattacken ein, er bereitet Tore vor und schießt sie am liebsten selbst. Bisher versenkte er vier Pucks in die Maschen. Dann, wenn die Fans jubeln, ist er verzückt vor Glück: »Jaschin, Jaschin!«

Beim Heimspiel am Freitag gegen den Mannheimer ERC (3:6), blieb der Jubel den 1.600 Anhängern im Halse stecken. Serjosha reihte sich würdig in die Reihe seiner Teamkollegen ein, die serienweise an Keeper Schlickenrieder scheiterten. Die Jaschin-Rufe blieben, auf das der Sputnik doch noch zum Stern werde. Er bleibt eben ihr Ljybimez. Und ihr Liebling lohnte es den Fans wenigstens mit zwei Vorlagen, die mehr beklascht wurden, als die Torschützen. Hagen Boßdorf

Sonntag: Frankfurt — Dynamo Berlin 8:1, Weißwasser — Köln 2:3, Preussen Berlin — Schwenningen 2:2.