Wählen ohne Geld

Thailand wählt heute erstmals eine Regierung nach Gesetzen, die den Stimmenkauf beenden sollen

BERLIN taz ■ Im Büro des Wahlkommission in Bangkok stapeln sich Reissäcke, Fischsoßen, Geschirr, Öl und Konserven. Die Mitarbeiter der Kommission bereiten sich nicht auf eine Hungersnot vor, sondern haben dies alles von Kandidaten beschlagnahmt, die damit Wählerstimmen für die heutigen Parlamentswahlen „kaufen“ wollten. „Wir hatten früher Kandidaten, die nie einen richtigen Wahlkampf geführt haben. Sie haben nur Wahlhelfer ausgesandt, die Geld und Geschenke verteilt haben“, sagt Wahlkommissar Gothom Arya.

Stimmenkauf hat im Königreich Thailand Tradition. Sie ist vor allem auf dem Land stark verbreitet. Im Zuge der Asienkrise 1997, die eine korrupte Regierung hinwegfegte, wurde jedoch eine neue Verfassung und strenge Gesetze gegen den Stimmenkauf verabschiedet. Sie wurden erstmals im vergangenen Jahr bei den Wahlen zum Senat angewendet. 60 Prozent der Kandidaten mußten wegen Unregelmäßigkeiten erneut antreten, insgesamt mußte dreimal gewählt werden. Erst nach Monaten war das Oberhaus arbeitsfähig.

Auch bei den jetzigen Wahlen rechnet der Leiter der Wahlkommission, Thirasak Kannasutra, schon mit zwei weiteren Urnengängen in einzelnen Wahlbezirken. Die Frist von 30 Tagen zur Verkündung des amtlichen Ergebnisses hält er wegen der hohen Zahl zu erwartetender Beschwerden ohnehin für zu knapp. Drei Kandidaten wurden bereits disqualifiziert.

Für die größte Aufregung sorgte die Nationale Antikorruptionsbehörde. Sie erklärte den Oppositionsführer und in Umfragen deutlich führenden Milliardär Thaksin Shinawatra für schuldig, einen Teil seines Vermögens verheimlicht zu haben. Sollte dies in einigen Wochen vom Verfassungsgericht bestätigt werden, darf Thaksin fünf Jahre lang kein öffentliches Amt bekleiden. Sowohl eine nachträgliche Disqualifizierung eines Wahlsiegers Thaksin als auch ein monatelanger Streit über das Ergebnis könnten zu einer Instabilität führen, die das von der Krise noch nicht vollständig erholte Land nur schwer verkraften könnte. Doch Thaksin weigert sich, schon jetzt einen Stellvertreter zu benennen. Und die Wahlkommission will natürlich nicht schon jetzt Abstriche von ihren strengen Standards machen, die sie mit Hilfe von Bürgergruppen durchsetzen will.

SVEN HANSEN