Fast wie Schnee auf dem Dach

KLIMA Städte müssen sich besser an die Erderwärmung anpassen, fordert der Deutsche Wetterdienst. Etwa mit reflektierenden Folien auf den Gebäuden

BERLIN taz | Die Städte in Deutschland müssen ihre Bemühungen verstärken, sich an den Klimawandel anzupassen. Davon jedenfalls ist die oberste Meteorologiebehörde, der Deutsche Wetterdienst, überzeugt. Gerade die Bewohner von Städten müssten künftig mit deutlich höheren Temperaturen zurechtkommen, warnte der Vizechef der Behörde, Paul Becker. „Es wird deutlich wärmer werden und sehr viel mehr heiße Tropennächte geben“, sagte Becker. Dadurch werde die Belastung für ältere Menschen drastisch steigen und damit auch das Risiko von Todesfällen. „Das ist ganz klar ein Bedrohungsszenario.“

Eng bebaute Städte sind deshalb besonders von Hitzewellen betroffen, weil Häuser und Straßen die Sonnenwärme des Tages speichern – und Nächte daher kaum für Abkühlung sorgen. Diesem Effekt können die Kommunen auf verschiedene Weise begegnen: Dachbegrünungen, größere Parkflächen, künstliche Seen und Frischluftschneisen helfen.

Ebenso möglich ist der Einsatz von Baustoffen oder Dachfolien, die die Sonnenstrahlen reflektieren – ähnlich wie Schnee – wodurch sich die Luft über diesen Flächen weniger erwärmt. Der Wetterdienst hat nun ein Modell entwickelt, welche Maßnahme bei welcher Bebauungs- und Stadtstruktur am meisten hilft. Becker: „Die Planungen müssen jetzt beginnen.“

Weltweit gesehen war das Jahr 2014 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Auch in Deutschland wurde mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,3 Grad ein Rekordwert erzielt – 2,1 Grad über dem langjährigen Mittelwert der internationalen Referenzperiode 1961–1990. Das Jahr 2014 war zugleich 0,4 Grad wärmer als die bislang wärmsten Jahre 2000 und 2007. Ein solcher Sprung ist selten.

Thomas Deutschländer, Klimaexperte des Wetterdienstes: „Die vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass der Trend zu einem wärmeren Klima nicht nur global, sondern auch in Deutschland ungebrochen ist.“ So seien mittlerweile sieben der zehn wärmsten Jahre hierzulande seit dem Jahr 2000 aufgetreten. Bis auf 2013 gehörten alle bisherigen Jahre dieses Jahrtausends zu den Top 30 der bis 1881 zurückreichenden Temperaturrangliste des Deutschen Wetterdienstes. Insgesamt ist es seit 1881 in Deutschland um 1,3 Grad wärmer geworden. RICHARD ROTHER