Neonazis in Nordsachsens Kreistag: CDU will NPD einbinden

In Sachsen sitzt die NPD in allen Kreistagen. Die Parteien suchen den richtigen Umgang mit den Neonazis. Ein CDU-Fraktionschef kann sich vorstellen, NPD-Anträge mitzutragen.

Ergebnis vervierfacht: NPD-Plakat zur Kommunalwahl in Sachsen Bild: dpa

Pauschale Ablehnungen wird Roland Märtz nicht mitmachen. Der CDU-Kommunalpolitiker gibt sich am Telefon resolut. "Nein, Anträge der NPD werde ich nicht einfach ablehnen, nur weil sie die NPD stellt", betont er. Märtz ist nicht irgendwer: Er ist CDU-Fraktionschef des Kreises von Nordsachsen und Bürgermeister von Doberschütz.

Am 27. August wird sich der Kreistag konstituieren. Vier NPD-Mandatsträger nehmen hier unter 80 Kreisräten Platz. Unter dem Slogan "heimattreu" zu wählen, gelangten im Juni landesweit 44 NPD-Kandidaten in alle Kreistage. Die NPD vervierfachte am Wahltag ihr Ergebnis. "Seit dem 8. Juni 2008 ist in Sachsen nichts mehr, wie es war", frohlockt Hartmut Krien von der "Kommunalpolitischen Vereinigung" der NPD Sachsen.

Im nordsächsischen Kreistag ist Märtz nicht der einzige Kreisrat, der sich überlegt, wie mit den NPD-Vertretern Steffen Heller, Jens Gatter, Andreas Siegel und Bernd Güntner umgegangen werden sollte. "Wir werden uns offen mit den Problemen, die die NPD vorträgt, auseinandersetzen", sagt Heiko Wittig, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Ihre menschenverachtenden Positionen aufzeigen, nicht zustimmen - so lautet jedoch das Mantra seiner Fraktion. "Von uns wird es keine Zustimmung zu irgendeinem NPD-Antrag gegen", verrät auch der stellvertretende Fraktionschef der Linken, Michael Sehrt. Eine inhaltliche Konfrontation, nicht eine allgemeine Blockade sei nötig. "Ausgrenzen bringt nichts", erklärt indes Gotthard Deuse, Mügelns Bürgermeister, der im Kreistag Chef der FDP-Fraktion ist. Das wirke sich immer negativ aus, sagt der Politiker. Diese Haltung dürfte darauf beruhen, dass die FDP mit der Deutsch-Sozialen Union (DSU) kooperiert, obwohl diese zusammen mit den Republikanern bei der Landtagswahl antreten möchte.

Offiziell widersprechen führende CDUler ihrem Fraktionschef Märtz nicht. Dass die NPD durch diese Nichtausgrenzungsstrategie bei den Wählern als "normale Partei" wahrgenommen werden könnte, glaubt hier niemand. Genau dies aber fürchtet Barbara Scheller, Sprecherin der Grünen im Kreisverband Torgau-Oschatz. Sie warnt: "Den kommunalpolitischen Bestrebungen der NPD, sich als die Kümmerpartei vor Ort aufzubauen, arbeitet man doch so zu."

Auf diese Kritik reagieren führende CDU-Politiker vor Ort ausweichend. Landrat Michael Czupalla erklärt: "Die Abgeordneten sind in ihren Entscheidungen frei." Über seinen Pressesprecher lässt er wissen, "es hinzunehmen, wie es kommen wird". Die CDU-Fraktion selbst habe noch keine verbindliche Linie.

Bisher, sagt auch Märtz, habe er seine Meinung noch nicht mit anderen Kollegen abgestimmt. Der Fraktionschef hebt jedoch hervor: "Wenn die NPD Vorschläge hat, die für den Kreis gut sind, gibt es keinen Grund, sie abzulehnen". Er wolle jeden Antrag, ob von der rechten oder linken Seite, unter dieser Überlegung des Geimeinwohls bewerten und entsprechend stimmen. "Da mache ich keine Unterschiede." Nachfragen, ob er nicht befürchte, der NPD-Verbürgerlichungsstrategie zuzuarbeiten, lässt er unbeantwortet.

Märtz Haltung widerspricht den Ergebnissen einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung (FES) zur kommunalen Politik der extremen Rechten. Deren Autoren, Benno Hafeneger und Sven Schönfeld, betonen, die NPD-Anträge müssten immer auf die "Prinzipien der Menschenwürde" und "Toleranz" geprüft werden. Sie heben hervor: "Die Anträge der extremen Rechten sind konsequent abzulehnen, damit ihnen kein politischer Spielraum eingeräumt wird".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.