„Kloppertruppe“ ganz oben

Der Boykott der Fußball-Kreisliga A gegen den SV Mardin führt dazu, dass Mardin aufsteigen wird. „Eine Schweinerei“, empören sich die anderen. Hintergrund ist eine Schlägerei auf dem Spielfeld

Von Klaus Wolschner

Gestern hätte in der Kreisliga A des Bremer Fußballverbundes die Mannschaft des TV Eiche Horn gegen den SV Mardin antreten müssen. Das Spiel fand nicht statt – die Spieler von Eiche Horn kamen nicht. Der Trainer ist sogar in Urlaub. Wer im Internet die Tabelle der Kreisliga A aufruft, der stößt auf ein bemerkenswertes Phänomen: Der SV Mardin, sonst eher ein Verein aus dem oberen Mittelfeld, hatte dort nach sieben Spieltagen 21 Punkte bei 14 : 0 Toren. „Aber kein einziges Spiel hat stattgefunden“, erklärt der Spielausschuss-Vertreter Johann Rollhusen das Phänomen.

Nach der Satzung ist das so: Es gibt drei Punkte und zwei Tore, wenn die gegnerische Mannschaft nicht antritt. Der SV Mardin war sogar aus Osterholz-Tenever nach Lesum gefahren, um sich die Punkte abzuholen, obwohl alle wussten: Der Verein wird von der gesamten Kreisliga boykottiert.

Wenn das so weitergeht, dann wird der SV Mardin die Saison als strahlender Sieger beenden und in die Bezirksliga aufsteigen. „Eine Schweinerei“ sei das, sagt Frank Behrens, Fußball-Abteilungsleiter des TV Eiche Horn. Aber er stehe zu dem Boykott: Nach einer Schlägerei auf dem Spielfeld am 10. Juni, bei der der Schiedsrichter bewusstlos geschlagen wurde, hatten sich Spieler und Verein des SV Mardin geweigert, „die Täter zu übermitteln“, sagt Spielleiter Rollhusen. Auch bei den Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft hatte angeblich niemand was gesehen. Der Mardin-Vorsitzende Süleyman Gülpinar behauptet, die Schläger seien dem Klubvorstand nicht bekannt.

Das glaubt kaum jemand im Fußballverband, deswegen der Boykottbeschluss. Nach den ersten Spieltagen wurde bei den Spielen „abgesetzt“ eingetragen, jetzt wurden nach den Regeln des Fußballverbandes die Punkte für Mardin nachgetragen.

„Das ist nicht im Sinne des Erfinders“, sagt Rollhusen, aber die Satzung gebe bisher nicht mehr her. So einen Fall hatte es noch nie gegeben – wegen grob unsportlichen Verhaltens kann ein Verein derzeit nur in der laufenden Saison von weiteren Spielen ausgeschlossen werden. Da die Schlägerei im Juni stattfand, konnte man nach der geltenden Rechtslage nur für die laufende Saison ausschließen. Die Satzung soll geändert werden.

Offenbar halten sich die Spieler der ersten Mannschaft des SV-Mardin dadurch fit, dass sie bei der Mannschaft „Mardin 2“ in der Kreisklasse mitspielen. Da der Fussballverband nicht weiß, ob Spieler an der Attacke gegen den Schiri beteiligt waren, muss er das tolerieren.

Bis Anfang Oktober hatte der Bremer Fußballverband die Sprachregelung gehalten, die Spiele seien nur „abgesetzt“ vom Spielplan – mit der theoretischen Erwartung, dass sie nachgeholt werden könnten, wenn denn der SV Mardin einlenken würde und sich an die Namen der Schläger erinnerte. Aber der SV Mardin erinnert sich nicht – deswegen hat der Vize-Chef des Fußballbundes, der Schulleiter Dieter Stumpe, nun satzungsgemäß die Spiele zugunsten von Mardin in der Tabelle eintragen lassen. Das wiederum hat einige überrascht – der Fußball-Verantwortliche des BTS Neustadt, Helmut Helken, geht davon aus, dass sein Verein sich nicht an einem Boykott beteiligt hat, sondern dass die Spiele nur „ausgefallen“ seien. Der BTS kann es sich aus formalen Gründen nicht leisten, noch einmal bei einem Spiel nicht anzutreten. Sonst wird er aus der Liga ausgeschlossen.