Silent Climate Parade

Mit einer großen Party gegen die Erderwärmung soll der Klimaschutz den Mainstream erreichen

■ Die Silent Climate Parade wird von einer Gruppe von Freiwilligen organisiert, die sich im Verein Silent Climate Parade e. V. engagieren.

■ Im Netz: www.climateparade.de

■ Kontakt: info@climateparade.de

In der Klimaschutzszene rumort es. Unabhängige Gruppen und Netzwerke wollen die Klimakrise endlich richtig anpacken und begehren gegen die etablierten Klimaorganisationen auf. An den großen NGOs stören sie in erster Linie die starren und hierarchischen Strukturen. „Wir haben Lust, selbst mit anzupacken und viel zu bewegen“, erklärt André Klausnitzer, Vorstandsvorsitzender des Vereins Silent Climate Parade. Der Verein sieht sich als Teil der neuen Klimabewegung, deren wichtigste Maxime Dezentralität und D.I.Y. lauten.

Silent Climate Parade unterstützt die Kampagne 350.org, die wichtigste Plattform der neuen Klimabewegung. Eines der Instrumente von 350.org ist der weltweite Klimaaktionstag, dessen Idee darin besteht, auf der ganzen Welt gleichzeitig für mehr Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Der erste Klimaaktionstag fand am 24. Oktober 2009 im Vorfeld der Klimakonferenz in Kopenhagen statt. 5.200 Aktionen in 181 Ländern konnten damals gezählt werden.

Auch Silent Climate Parade nahm am ersten Klimaaktionstag teil. Die Gruppe organisierte eine Straßenparade durch Berlin, die größte Aktion in Deutschland, an der 350 AktivistInnen teilnahmen.

Ins Leben gerufen wurde Silent Climate Parade von dem Berliner Journalisten Daniel Boese und dem PR-Manager Peter Esser. Boese, der zunächst ein Buch über die neue Klimabewegung geschrieben hatte, war fasziniert von der erfrischenden Art der neuen Bewegung. Für ihn stand fest: Er wollte ebenfalls einen Teil zu der sich stetig vergrößernden Bewegung beitragen.

Unterstützung bekamen die beiden von KlimaaktivistInnen und RaverInnen aus Berlin, den beiden Spektren also, die mit der Parade erreicht werden sollen: „Die Silent Climate Parade richtet sich an Leute, die Techno hören und sich gleichzeitig für den Klimaschutz engagieren wollen“, erklärt Klausnitzer. Ziel der Silent Climate Parade sei es zu zeigen, dass eine klimaschonende Welt auch Spaß machen kann, dass es also auch positive Dinge gibt beim Klimaschutz und nicht nur Restriktionen wie weniger Duschen oder weniger Autofahren.

Das Konzept der Climate Parade, an der in diesem Jahr 800 tanzbegeisterte AktivistInnen teilnahmen, unterscheidet sich von gewöhnlichen Demonstrationen. Anstatt möglichst lautstark die eigenen Inhalte auf die Straße zu bringen, ist das Konzept der Silent Climate Parade, so leise wie möglich zu sein.

Die Lautlosigkeit wird durch Funkkopfhörer ermöglicht, die vor Beginn der Parade an alle TeilnehmerInnen ausgeteilt werden. Über diese läuft dann die Musik, die von einem DJ im elektrisch angetriebenen Lautsprecherwagen aufgelegt wird. Über die Kopfhörer werden auch choreografische Kommandos durchgegeben. Bei „Freeze“ sollen alle stehen bleiben, bei „Kohle ist Rückschritt“ ein paar Schritte rückwärts laufen. „Das hat eine viel größere Wirkung auf Passanten“, erklärt Daniel Hires, Vorstandsmitglied des Vereins. Die Aufmerksamkeit der verdutzten ZuschauerInnen nutzt die Gruppe, um ihnen einen Flyer in die Hand zu drücken, auf dem die wichtigsten Forderungen und Infos zum Thema Klimaschutz aufgelistet sind.

Bei der großen Party gegen die Erderwärmung geht es aber nicht nur ums gemeinsame Feiern, sondern auch um Politik. Die politischen Ambitionen fallen aber weniger radikal aus, als man es im ersten Moment von einem so jungen Projekt vermuten würde. So macht die Gruppe darauf aufmerksam, dass dringend Handlungsbedarf besteht, die etablierten Klimaschutzorganisationen sich besser vernetzen müssen und die Bewegung größeren Druck auf Wirtschaft und Politik ausüben muss.

Dennoch wollen die AktivistInnen mit ihren Aktionen „niemanden“ stören und den Klimaschutz auf legalem Wege voranbringen. So ist das Ziel der Gruppe, die politischen und wirtschaftlichen Akteure zum Handeln aufzufordern und die Leute zu motivieren, den persönlichen Konsum zu verändern. „Klimaschutz wird noch nicht von allen verstanden. Wir wollen erreichen, dass der Klimaschutz im Mainstream ankommt“, erklärt Patricia Witkowski, ebenfalls Vorstandsmitglied des Vereins. Mitte dieses Jahres haben die AktivistInnen der Silent Climate Parade einen Verein gegründet, um das Engagement in Berlin voranzubringen und finanzielle Unterstützungen für die nächste Parade zu ermöglichen. Zurzeit überlegen die AktivistInnen, auf welche Weise sie über die Parade hinaus in Berlin aktiv werden können. Wer der Gruppe bei dieser Profilfindung behilflich sein und sich für Klimaschutz engagieren möchte, ist dazu eingeladen, sich an Witkowski, Hires, Klausnitzer und ihre MitstreiterInnen zu wenden. Dabei hält es die Gruppe wie die internationale Kampagne 350.org: Je mehr Leute sich engagieren, desto schneller lässt sich der Klimawandel stoppen.

LUKAS DUBRO