Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Etwa achtzehn Monate war er zu, wurde saniert und umgebaut: der Prater, die legendäre Nebenspielstätte der Volksbühne in der Kastanienalle. Am Donnerstag nun große Wiedereröffnung. Und zwar mit einer Arbeit des norwegischen Regiekollektivs Vegard Vinge, Ida Müller und Trond Reinholdtsen: Ibsens „John Gabriel Borkmann“ erzählt das Drama eines Bankiers, der wegen Betruges im Gefängnis war und als psychisches Wrack zurückkehrt; der sein Leben, das er einst eiskalt der Karriere unterordnete, nicht mehr in den Griff bekommt und untergeht. Klassische Bankenkrisentragödie? Man wird sehen.

Spannendes in dieser Woche auch fern auf Schloss Hardenberg. Dort lesen am Sonntag der Schauspieler und Regisseur Burghart Klaußner und der Journalist und langjährige Leiter des ZDF-Studios in Moskau Dirk Sager aus den „Briefen aus dem Gefängnis“, die Michail Chodorkowski in sibirischer Straflagerhaft schrieb. Chodorkowski, einst reichster Mann im postsow–jetischen Russland ist zum berühmtesten Gefangenen des Landes geworden. Seine gerade als Buch erschienenen Briefe sind eine Mischung aus Essays und Korrespondenzen, in denen es um Biografisches, aber auch um seine Hafterfahrungen geht. Darüber hinaus skizziert Chodorkowski seine politischen und gesellschaftlichen Visionen für ein zukünftiges Russland.

Ein spannendes Gastspiel steht auf dem Programm des DT. Dort ist in der Box von Mittwoch bis Freitag eine Arbeit des jungen Regie-Shootingstars Bastian Kraft zu sehen, die am Hamburger Thalia-Theater entstand: eine Adaption von Kafkas Romanfragment „Amerika“, aus dem Kraft und sein fulminanter Protagonist Philip Hochmair einen zwingenden Kommentar zur Wirtschafts- und Finanzkrise und der damit einhergehenden Verrohung von Seele und Gesellschaft gemacht haben.

■ John Gabriel Borkmann: ab Do. Prater der Volksbühne

■ Briefe aus dem Gefängnis: So., 17 Uhr, Schloss Neuhardenberg

■ Amerika: Mi.–Fr., Deutsches Theater/Box