Etwas viel Ruhe im Plänterwald

SPREEPARK Still ist es wieder geworden rund um das Riesenrad, seit das Land Berlin den einstigen Vergnügungspark im Plänterwald zurückgekauft hat. Das war vor fast einem Jahr – und noch immer fehlt es an einem Konzept, was eigentlich aus dem ehemaligen Rummelplatz werden soll

„Wir machen hier keinen Schnellschuss“

RAINER HÖLMER, BAUSTADTRAT VON TREPTOW-KÖPENICK

VON MARINA MAI

Still ruht der Plänterwald. In dem verlassenen Teich baden Wasservögel. Eine Krähe hat sich auf eine Gondel des Riesenrades gesetzt, das im Wind leise knarrt. Auch zehn Monate nach dem spektakulären Rückkauf des Spreeparks im innerstädtischen Plänterwald durch das Land Berlin gibt es kein Konzept für das Areal, das bis 2001 Vergnügungspark war.

1969 eröffnete in dem Waldgebiet der einzige Vergnügungspark der DDR. Riesenrad, Achterbahn und attraktive Konzerte lockten jährlich bis zu 1,7 Millionen Besucher an. Nach der Wende wurde der Spreepark privatisiert und an die Familie des Schaustellers Norbert Witte verkauft. Der fuhr ihn in den Ruin und setzte sich 2002 in einer spektakulären Flucht mit mehreren Schaugeschäften nach Peru ab. Seitdem liegt das Gelände brach. Vergangenes Frühjahr hatte es das Land Berlin für 2 Millionen Euro von der insolventen Spreepark-GmbH zurückgekauft und damit einen Teil deren Bankschulden beglichen.

Riesenrad soll bleiben

„Wenn ich mal nicht weiterweiß, bild ich einen Arbeitskreis“, kommentiert Klaus Mannewitz von der Bürgerinitiative Plänterwald mit einem Schuss Sarkasmus den Stillstand. Einen Arbeitskreis haben Land, Bezirk und der landeseigene Liegenschaftsfonds gebildet. Der hat sich in den vergangenen zehn Monaten ganze drei Mal getroffen. So steht es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Antwort des Wahlkreisabgeordneten Harald Moritz von den Grünen.

Bei den Treffen ging es hauptsächlich um die notwendigen Sicherungsmaßnahmen für das 21 Hektar große Areal. Der Liegenschaftsfonds beziffert die Kosten dafür auf 4 Millionen Euro – zusätzlich zu den knapp 50.000 Euro, die pro Monat für den Wachschutz anfallen. Denn als Norbert Witte sich nach Peru abgesetzt hatte, fanden die Behörden mehrere Fässer Gift vor Ort vor. Die sind zwar längst beseitigt, doch Gift ist auch in den Boden gedrungen. Zudem geht von den maroden Fahrgeschäften eine Gefahr für Besucher aus. Umso mehr, seit es vergangenen Sommer auf dem Gelände brannte. Die ohnehin maroden Kulissen der Westernstadt wurden dabei vernichtet. Das Riesenrad, bei seiner Entstehung 1969 das zweitgrößte weltweit nach dem im Wiener Prater und bis zur Bezirksfusion 2001 mit Köpenick das Wahrzeichen des Bezirkes Treptow, ist einsturzgefährdet. Berlin will es erhalten.

„Die Arbeitsgruppe hält daran fest, dass das Spreepark-Areal auch künftig naturbezogen und grün geprägt bleibt“, schreibt die Landesregierung auf Anfrage des Grünen Harald Moritz. „Jegliche Wiederinnutzungnahme erfordert jedoch hohe Aufwendungen für die Erschließung.“ Derzeit werde geprüft, ob das Land Berlin dafür Fördermittel der EU oder des Bundes beantragen kann.

Harald Moritz ist entsetzt, wie wenig Tempo die Arbeitsgruppe an den Tag legt: „Zehn Monate nach dem Eigentümerwechsel hat man noch immer keinen Plan. Somit fallen pro Jahr mehr als eine halbe Million Euro für den Wachschutz an, ohne dass die Berliner etwas davon haben.“ Denn die wenigen Zwischennutzungen wie etwa ein eher trauriger Weihnachtsmarkt im Dezember bringen kaum etwas ein. Doch Rainer Hölmer (SPD), der Baustadtrat von Treptow-Köpenick, kontert: „Wir machen hier keinen Schnellschuss. Sonst holen wir uns möglicherweise wieder einen Probleminvestor an den Hals.“ Zuerst müsse entschieden werden, wie die Fläche künftig zugeschnitten wird, bevor man mit Investoren spricht, so Hölmer.

Dem Spreepark waren in den 1990er Jahren nämlich viele Hektar reiner Wald zugeschlagen worden, der auch nicht bebaut werden darf. Dadurch wurde das Grundstück auf dem Papier größer und Witte konnte mehr Geld bei den Banken leihen. Jetzt will man klären, ob der Zuschnitt so bleiben soll. Und: zusätzlich zum Spreepark bekam Witte auch das wenige hundert Meter entfernte verfallene Ausflugsrestaurant „Eierhäuschen“ am Spreeufer – bereits literarisch verewigt als Schauplatz eines Kapitels von Theodor Fontanes Roman „Der Stechlin“ – zugesprochen. Der Gedanke dahinter: Wenn Witte den damals als gewinnbringend eingestuften Spreepark betreiben darf, soll er Geld in die Hand nehmen für den Erhalt eines Baudenkmals. Bekanntlich hat Witte aber sogar den Spreepark in den Ruin gefahren. Das Eierhäuschen hat er nie angefasst.

Nach Wittes Flucht waren den Behörden alle Hände gebunden, das Eierhäuschen zumindest zu erhalten. Denn juristisch war es mit dem Spreepark verbunden. Birken wuchsen aus den eingeschlagenen Fenstern, durchs Dach drangen Regen und Schnee. „Jetzt ist das Eierhäuschen zumindest vor dem weiteren Verfall bewahrt“, lobt der Baustadtrat den Liegenschaftsfonds. Der hatte nach dem Rückkauf Türen und Fenster gesichert, Dach und Regenrinnen erneuert und Schutt beräumt. Doch noch ist nicht entschieden, ob auch in Zukunft Spreepark und Eierhäuschen gemeinsam oder getrennt vermarktet werden und ob das Land Berlin beides verkaufen oder verpachten will. „Das hätte längst klar sein müssen“, kritisiert der Grüne Harald Moritz. Denn erst nach der Entscheidung kann man mit Investoren verhandeln. Die Piraten planen für Februar eine Anhörung im Abgeordnetenhaus zu dem Thema. Ihr Ziel: Die Berliner sollen an den Entscheidungen beteiligt werden.

Interessenten gebe es reichlich, verrät Baustadtrat Rainer Hölmer. „Beim Eierhäuschen träume ich wieder von einem Ausflugsrestaurant, gern in der gehobenen Preisklasse.“ Für den Park präferiert er einen Kulturstandort mit mehreren Investoren, die Konzerte, Puppentheater oder Freiluftkino anbieten. „Die Atmosphäre dort ist ja sehr besonders. Da bietet sich das an, und bei mir melden sich viele Interessenten aus der Kulturbranche.“ Damit erteilt Hölmer zwei anderen Alternativen eine Abfuhr: „Eine Renaturierung des Plänterwaldes wird es nicht geben. Aber auch die Variante Rummelplatz mit Fahrgeschäften ist durch. Das funktioniert nicht an dem sensiblen Standort.“ Die Bürger sollen aber bei den Entscheidungen nicht außen vor bleiben. Hölmer: „Sobald unsere Arbeitsgruppe die Grundsatzentscheidungen getroffen hat und wir wissen, welche Fördermittel wir anzapfen können, werden wir die Bürger mit einbeziehen.“