"Wahlkampf" wörtlich verstanden: NPD schlägt Republikaner

Der Vorsitzende der bayrischen Republikaner, Johann Gärtner, ist Opfer der NPD geworden: Nach eigenen Angaben haben ihn zwei Plakatierer der rechten Konkurrenz mit einer Leiter angegriffen.

Nehmen "Wahlkampf" oft zu wörtlich: Hinter einem Bauzaun verfolgen Anhänger der rechtsextremen NPD in Altenburg die Proteste gegen eine NPD-Veranstaltung. Bild: dpa

Es sei, sagt Johann Gärtner, offensichtlich: Die Laterne auf seinem Privatparkplatz im bayrischen Kissing ist seine eigene, private Laterne, keine der Gemeinde. Doch ausgerechnet dort, direkt vor der Haustüre des bayrischen Vorsitzenden und bundesweiten Vize der Republikaner, wollten zwei junge Männer mit "ostdeutschem Akzent" ein Wahlplakat der NPD anbringen. "Ich habe was gegen Nazis und Kommunisten", sagt der füllige 58-jährige Gärtner in tiefem Dialekt später.

Fremde seien das, dachte er, wie in seiner eigenen Partei üblich zum Slogankleben angeheuert. Zwei- drei Minuten habe er sie gebeten, an eben jener Laterne nicht zu Werke zu gehen, ehe ihn die zwei als "Judensau" beschimpft hätten, mit ihrer Aluleiter angegriffen und statt seines anvisierten Kopfes glücklicherweise nur seine Schulter getroffen hätten. Dann seien sie in ihr Auto gesprungen und weggefahren. Die Polizei hat die Autonummer, konnte den Halter aber noch nicht aufgreifen.

Rechts greift rechts an? Die Vorwürfe Gärtners sind gewichtig, denn er macht eine politische Attacke aus dem Vorfall: Die NPD habe ganz bewusst vor seinem Haus plakatieren wollen, die Angreifer hätten zudem gewusst, wer er ist. Allerdings ist Wahlkampf in Bayern, die Republikaner haben hier im Jahr 2003 mit 2,2 Prozent den Sprung in den Landtag deutlich verpasst. Das Potential von sonstigen Parteien wie Reps, NPD, ÖDP oder Bayernpartei liegen laut Forsa in Bayern bei nur vier Prozent, die beiden Rechten Parteien stehen also in harter Konkurrenz. Es kommt den Republikanern gut zupass, kurz vor der Wahl den Finger zu heben: Schauts her, die NPD schickt rechte Ossi-Schläger in bayrische Dörfer, um rechtschaffende Konservative zu verprügeln. Besser uns wählen. So versuchen die Republikaner seit geraumer Zeit, sich von der NPD abzugrenzen. Immerhin sehen sie seit dem Jahr 2007 davon ab, Deutschland umstürzen zu wollen - zumindest heißt es in den jüngsten Berichten der Verfassungsschutzbehörden, es lägen "keine hinreichend gewichtigen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mehr vor".

Die Attacke auf Gärtner bestätigt unterdessen ein Polizeisprecher der Kripo Augsburg. Gärtner hat Anzeige gegen Unbekannte gestellt, es wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Die Attacke scheint auch aus anderen Gründen mehr als plausibel: Momentan tritt die NPD bei den bayrischen Landtagswahlen und den brandenburgischen Kommunalwahlen mit Kandidaten an, die wegen Körperverletzung vorbestraft sind. Auch in anderen Bundesländern nehmen Helfer der NPD den Begriff "Wahlkampf" oft wörtlich.

Johann Gärtner erzählt, er sei bereits vor zwei Jahren in Wismar von drei "Glatzköpfen" der NPD angegriffen und am Schienbein verletzt worden. Ein Wismaer Bürger sei ihm aus seinem Vorgarten heraus zur Hilfe geeilt. Mit einem metallenen Rächen bewaffnet hätte er die Angreifer durch Drohgebärden vertrieben. Es scheint tatsächlich so zu sein: Die NPD prügelt auf Republikaner ein. Die Republikaner versuchen, daraus am rechten Rand Profit zu schlagen. Die NPD plant allerdings laut eines Sprechers der Kripo Augsburg bereits den nächsten Schlag gegen die Republikaner: In Form einer Gegenanzeige gegen Johann Gärtner.

Berichtigung

Unter der Überschrift „NPD schlägt Republikaner“ hatten wir in der Online-Ausgabe der taz vom 23. September 2008 ursprünglich gemeldet: „Bezirkstagskandidat Norman Bordin hat [...] am 13. Januar 2001 in München bei einem Skinheadüberfall einen Griechen brutal zusammengeschlagen.“

Das ist falsch. Tatsächlich verhält es sich so: Bordin hat nicht den Griechen geschlagen. In seinem Urteil stellt das Landgericht München dazu fest, dass der Grieche brutal zusammengeschlagen wurde durch zwei unbekannte Skinheads und dass dem Griechen zwei Türken beigesprungen waren, die dann von den Skinheads angegriffen wurden. Das Gericht führt dazu weiter aus: „Nachdem der Angeklagte Bordin [eine Gaststätte am Tatort, Anm. d. Redaktion] verlassen hatte, wollte er nach Überzeugung der Kammer nicht schlichtend eingreifen, sondern sich an der Schlägerei [gegen die Türken, die dem Griechen beigesprungen waren; Anm. d. Redaktion] beteiligen. Wenn man das bisherige Leben des Angeklagten und seine Persönlichkeit berücksichtigt, so ist er alles andere als ein ‚Schlichter‘. Sein Ausruf ‚jetzt reicht‘s aber‘, den der Angeklagte K. glaubhaft berichtet hatte, kann in Verbindung mit der Ablage seiner Jacke und seines Handys nur die Bedeutung haben, daß er sich in den Kampf gegen die Türken einschalten wollte. Es wäre widersinnig gewesen, wenn er seine Kameraden mit solchen Worten zum Aufhören bewegen hätte wollen. Er hätte dann auch nicht seine Sachen ablegen brauchen. Die Zeugin A. bekundete darüber hinaus, daß ihr gegenüber der Angeklagte später eingeräumt habe, er sei ‚zu dieser Türkenkneipe rübergelaufen‘ und habe ‚sich mithauen wollen‘.“ Das Gericht hat weiter festgestellt: „Die zahlreichen, darunter einschlägigen Vorstrafen weisen den Angeklagten Bordin als gewaltbereiten Neonazi aus, dessen rechtsextreme politische Gesinnung nahezu irreversibel verfestigt erscheint. Diese Gesinnung hat zu den früheren und auch zu den verfahrensgegenständlichen Straftaten geführt. Bei den folgenden Einzelfällen waren jeweils seine einschlägigen und erheblichen Vorahndungen – teilweise mit Vollzugsstrafen – strafschärfend zu werten. Ferner mußte zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden, daß er sogar während des Laufs des vorliegenden Verfahrens sogar noch Ausländer verspottete und in der Haftanstalt mit ‚Naziparolen‘ auffiel. Auch in Freiheit beging er (am 29.04.2001) eine rassistisch motivierte Straftat. [...] Gegen den Angeklagten sprach, daß er selbst dann noch shlägern [gemeint ist schlagen, Anm. d. Redaktion] wollte, als die Türken bereits in die Flucht geschlagen wurden.“ Schließlich hat das Gericht festgestellt: „Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß die türkischen Zeugen einschritten, um das Leben [des Griechen, Anm. d. Redaktion] zu retten, also nicht aus Rauflust. Ihr Verhalten ist somit unter dem Aspekt der Nothilfe gerechtfertigt.“

Bordin war Landesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN) in Bayern. Am 27. April 2008 gab er das Amt an Matthias Fischer (Fürth) ab. Seit Oktober 2007 ist Bordin Stellvertreter des JN-Bundesvorsitzenden Michael Schäfer.

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