Pflege: 5 Euro mehr für jeden

BEITRÄGE Bei der Reform der Pflegeversicherung will die CDU allen Arbeitnehmern einen Extrabeitrag zumuten. Leistungen sollen auf die Krankenversicherung verschoben werden, der Pflegesatz erhöht sich trotzdem leicht

BERLIN taz | Die Koalition will die Leistungen aus der Pflegeversicherung für Demenzkranke und pflegende Angehörige um 2 Milliarden Euro ausbauen. Das kündigte der gesundheitspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Jens Spahn (CDU), im taz-Interview an.

Erstmals legte Spahn ein konkretes Finanzierungskonzept für die Reform vor, die 2012 Gesetz werden soll. Danach ist ein Zusatzbeitrag von 5 Euro im Monat für jeden Versicherten vorgesehen. Zudem soll der Pflege-Versichertenbeitrag leicht steigen. Durch eine Verschiebung von Leistungen in die gesetzliche Krankenversicherung dürften sich die Beiträge dort erheblich erhöhen.

Der im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vereinbarten individuellen, kapitalgedeckten Zusatzpflegeversicherung, die Kernstück der FDP-Finanzierungsideologie ist, erteilte Spahn eine klare Absage.

Im Einzelnen soll die bessere finanzielle Unterstützung von Dementen in Höhe von 2 Milliarden Euro vor allem über eine Verschiebung von Leistungen, die bisher aus der Pflegeversicherung bezahlt wurden, zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen. „Die Pflegekassen übernehmen seit 1995 die medizinische Behandlungspflege in den Pflegeheimen, obwohl das eigentlich Aufgabe der Krankenversicherung wäre. Das müssen wir ändern. Das würde die Pflegeversicherung um 1,6 Milliarden Euro entlasten“, sagte Spahn. Um die dann noch fehlenden 400 Millionen Euro einzutreiben, kündigte Spahn „zusätzlich“ eine „sehr moderate Anhebung des Beitragssatzes zur Pflege“ an. In Beitragssatzpunkte umgerechnet entsprechen 400 Millionen Euro etwa 0,05 Prozentpunkten, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden müssten.

Als zweite Säule innerhalb der Pflegeversicherung will die CDU einen „kollektiven Kapitalstock aufbauen, mit dem wir in der Zukunft den Beitragssatz stabilisieren“, sagte Spahn. „Wenn jeder Beitragszahler nur 5 Euro im Monat beisteuert, kommen schon 3 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.“ Der „Zukunftsfünfer“ sei unbürokratisch: „Aufgrund der geringen Höhe ist ein aufwändiger Sozialausgleich nicht notwendig, zur Vereinfachung wäre gar ein Quellenabzug auf dem Lohnzettel denkbar“, sagte Spahn.

Der CDU-Politiker rechnet mit „zwei bis drei Jahren“, bis die geplanten Umstrukturierungen innerhalb der Pflegeversicherung wirklich bei den Pflegebedürftigen ankommen. „Deswegen ist es wichtig, die gesetzlichen Grundlagen zeitnah zu schaffen“, sagte Spahn.

Um die FDP mit ins Boot zu holen, schlug Spahn vor, gleichzeitig die bestehende freiwillige private Altersvorsorge zu stärken. „Denn wer im Alter mehr Einkommen hat, hat im Fall der Fälle auch mehr Geld für die Pflege“, sagte Spahn. „Höhere Fördersätze und flexiblere Einsatzmöglichkeiten dürften hier ganz im Sinne der FDP sein.“

Die Äußerungen Spahns dürften in der entscheidenden Verhandlungsphase zur Pflegereform für Sprengstoff innerhalb der Koalition sorgen. Die CSU favorisierte bislang eine neue steuerfinanzierte Säule, die FDP dagegen eine private Zusatzversicherung. Am kommenden Freitag will der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) Eckpunkte zur Reform vorlegen. HH

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