Kritik an „Baumfälleuphorie“

Nach Ansicht des BUND werden in der Forstwirtschaft inzwischen die Grundsätze der Nachhaltigkeit missachtet. Grund ist die boomende Nachfrage nach Brennholz

FREIBURG taz ■ Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schlägt Alarm: In Baden-Württemberg herrsche eine „Baumfälleuphorie“. Die große Nachfrage nach Brennholz habe in der Forstwirtschaft zu einer „Goldgräberstimmung“ geführt, die einen „rigorosen Holzabbau“ zur Folge habe, warnt die baden-württembergische BUND-Vorsitzende Brigitte Dahlbender. „Die Motorsägen machen auch vor den strukturreichen Buchenwäldern nicht halt.“

Der Anstieg des Brennholzverbrauchs in Deutschland ist rasant. Die Stromerzeugung aus Holz wurde von 2002 bis 2006 fast versechsfacht. Der Verbrauch an Holz zur Wärmegewinnung stieg im gleichen Zeitraum um rund 50 Prozent. Entsprechend berichtet der BUND von „Hochbetrieb im Wald“. Im letzten Jahr seien im südwestdeutschen Staatswald neun Kubikmeter Holz je Hektar eingeschlagen worden. Der nutzbare Zuwachs lag aber lediglich bei 8,3 Kubikmetern pro Hektar. Seit drei Jahren übersteige die Nutzung im Staatswald die Schwelle der Nachhaltigkeit immer deutlicher: 2004 lag der Einschlag bei 108 Prozent des Zuwachses, 2006 bereits bei 120 Prozent. „Die Grundprinzipien der Nachhaltigkeit sind in den vergangenen Jahren eindeutig missachtet worden“, sagt Gerhard Maluck, ehemaliger Förster und Waldexperte des BUND.

Weil naturnahe Wälder den besten Beitrag im Kampf gegen die Klimakatastrophe leisten, fordert der Umweltverband, den Anteil nicht bewirtschafteter Waldökosysteme, sogenannter Bannwälder, auf mindestens fünf Prozent der Waldfläche auszudehnen. Schließlich zeige die Forschung, dass natürliche Wälder mehr als doppelt so große Holzvorräte aufweisen wie deutsche Durchschnittswälder – und damit auch entsprechend mehr Kohlendioxid binden.

Unterdessen sind die Auswirkungen des Brennholzbooms nicht nur im Südwesten zu spüren: Eine Studie des Wald-Zentrums der Universität Münster hatte im vergangenen Sommer bereits gezeigt, dass in Nordrhein-Westfalen das Angebot auf dem Holzmarkt die steigende Nachfrage nicht mehr decken kann. „Ein Kampf der verschiedenen Industriezweige um den Rohstoff Holz hat begonnen“, bilanziert der Leiter des Wald-Zentrums, Professor Andreas Schulte. Auch in Bayern stellt der Waldreferent beim Bund Naturschutz, Forstwissenschaftler Ralf Straußberger, „einen Trend zum Kahlschlag“ fest. „Holzgeier“ zögen bereits durch die Lande, um Waldbesitzer zur Rodung ihrer Flächen zu animieren.

In der Kritik der Umweltschützer steht auch der geplante Bau mehrerer Großsägewerke. Im Landkreis Ravensburg zum Beispiel soll eine Sägerei entstehen, die jährlich 1,3 Millionen Kubikmeter Holz verarbeiten wird. Befürchtet wird, dass Sägereiüberkapazitäten zu einem Mangel an regionalem Fichtenholz führen. BERNWARD JANZING