Deutsche Kartoffeln in der Schüler-Brotbox

WAHLKAMPF II In Neukölln treibt eine „Buşkowsky-Jugend“ die populistischen Thesen des Bürgermeisters auf die Spitze. Die SPD glaubt nun, die Gruppe sei von der Linken gesteuert, und zieht Stasi-Vergleiche

Die Neuköllner SPD zieht alle Register: „Nach guter alter Stasi-Manier – unter falschem Namen und im Dunkeln – agiert der Agitprop-Wahlkampf-Störtrupp aus dem Dunstkreis der Linken gegen die SPD“, heißt es in einer Erklärung. Der Hintergrund: Das rbb-Magazin „Klartext“ hatte Stefan Gerbing, Mitarbeiter der Linken-Bundestagsabgeordneten Katja Kipping, als Sprecher der „Buşkowsky-Jugend“ enttarnt. Die Gruppe hatte zuletzt etwas Spaß in den Bezirkswahlkampf gebracht – sogar für Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky. Als der in einem Britzer Bioladen Schüler-Brotdosen füllte, überreichten ihm Mitglieder der „Jugend“ Erdäpfel aus deutscher Ernte. „Wir freuen uns, wenn Sie in diese Dosen auch mal eine Kartoffel tun“, hieß es. Der SPD-Mann nahm es mit Humor und hieß den vermeintlichen Fanclub willkommen.

Nach der „Enttarnung“ des Sprechers kamen nun die feindlichen Töne von SPD und Bezirksamt. Katja Kipping dagegen sagte der taz, sie habe mit der Buş-kowsky-Jugend nichts zu tun. „Während der Arbeitszeit fallen für meine MitarbeiterInnen andere Aufgaben an“, so die Politikerin vom undogmatischen Flügel der Linken. Mustafa Müller, der neue Sprecher der Buşkowsky-Jugend, wählte deutlichere Worte. „Dass wir jetzt in die Ecke der Linken gesteckt werden, behagt uns gar nicht.“ Man habe mit keiner Partei etwas zu tun. Zudem sei Gerbing, der mittlerweile nicht mehr Pressesprecher sei, parteilos und habe nur seinen Arbeitsplatz bei Kipping.

Die Buşkowsky-Jugend werde bis zur Wahl weiter an den Zielen arbeiten, die sie in einem „Manifest“ niedergelegt hat, sagte Müller. Danach soll Buschkowsky zum Neuköllner Patriarchen erklärt, ein Hartzschutzgesetz eingeführt und alle Satellitenschüsseln von MigrantInnen demontiert werden. Als Entschädigung für die in Kreuzberg erlittenen Anfeindungen solle Buschkowsky-Freund Sarrazin die Möglichkeit gegeben werden, seine Thesen von der Şehitlik-Moschee am Columbiadamm zu rufen.

„Wir halten Ironie für ein Mittel, Buschkowkys Aussagen zu Erwerbslosen, MigrantInnen und Minderheiten zu überspitzen und das Gesellschaftsmodell dahinter deutlich zu machen“, so Müller. Ob der Stasi-Vergleich der Neuköllner SPD selbst Satire war, bleibt offen: Eine angekündigte Stellungnahme des Bezirksamts traf bis Redaktionsschluss nicht ein. PETER NOWAK