Umstrittene Rede: Sarkozy befremdet Afrika

Empörung über die erste Afrikareise des französischen Präsidenten: Politiker und Journalisten kritisieren seine Rede an der Universität von Dakar.

"Lauter Klischees": Frankreichs Präsident Sarkozy mit Senegals Präsident Wade Bild: ap

BERLIN taz Frankreichs neuer Präsident Nicolas Sarkozy ist in Afrika gewesen, und Afrika ist in Aufruhr. Von "Beleidigung" und "Überheblichkeit" ist die Rede. Auslöser des Unmuts ist die Grundsatzrede, die Sarkozy am vergangenen Donnerstag vor 1.300 geladenen Gästen an der Universität von Senegals Hauptstadt Dakar hielt. "Ich möchte mich an alle Afrikaner wenden, die so unterschiedlich sind", sagte Sarkozy, "vor allem an die Jungen, die ihr euch so sehr bekämpft und oft so gehasst habt und die ihr euch manchmal immer noch bekämpft und hasst."

Vor der verblüfften intellektuellen Elite Senegals, die sich wegen ihrer jahrhundertealten Verbundenheit mit Frankreich für die klügste Afrikas hält, fuhr Sarkozy fort: "Afrikas Drama ist, dass der Afrikaner nicht genug in die Geschichte eingetreten ist. Der afrikanische Bauer kennt nur den ewigen Wiederbeginn der Zeit im Rhythmus der endlosen Wiederholung derselben Gesten und derselben Worte. In dieser Geisteshaltung, wo alles immer wieder anfängt, gibt es Platz weder für das Abenteuer der Menschheit noch für die Idee des Fortschritts. In diesem Universum, wo die Natur alles regelt, entkommt der Mensch der Qual der Geschichte, die den modernen Menschen gefangen hält, und er bleibt regungslos in einer unveränderlichen Ordnung. Nie geht er auf die Zukunft zu. Nie kommt er auf die Idee, aus der Wiederholung auszutreten, um sich ein Schicksal zu erfinden. Dies ist das Problem Afrikas."

Die europäische Kolonialisierung war, so Sarkozy, trotz aller "Fehler" ein Aufbauprojekt für Afrika, für das man sich nicht zu entschuldigen habe. Afrika müsse aufhören, einer idealisierten vorkolonialen Geschichte nachzutrauern und sich stattdessen an Senegals erstem Präsidenten Léopold Sédar Senghor ein Beispiel nehmen, der den Wortschatz der französischen Sprache "Raketen, die unsere Nacht erleuchten" genannt hatte.

"Das war nicht die Rede, auf die wir hofften", sagte Alpha Oumar Konaré, Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), und meinte diplomatisch, Sarkozy "muss Afrika besser kennenlernen". Senegals größte Zeitung Sud Quotidien nannte Sarkozys Worte "Klischees, immer Klischees, lauter Klischees" und verglich den Franzosen mit den "Missionaren, die nach Afrika kamen". Eine andere senegalesische Zeitung, Wal Fadjri, meint: "Wir übernehmen unsere Verantwortung im Drama, das wir leben. Haben Sie den Mut, die Ihre zu übernehmen!" Schließlich unterstütze Frankreich seit langem afrikanische Diktatoren. Ähnliche Kommentare kommen aus anderen Ländern.

Sarkozy hatte auf seiner am Wochenende beendeten ersten Afrikareise nach der wichtigsten Etappe Libyen die beiden verlässlichsten Alliierten Frankreichs auf dem Kontinent besucht: Senegal und Gabun. Frühere Planungen, stattdessen in weniger Paris-hörige Länder wie Südafrika, Ghana oder Kongo zu reisen, wurden fallengelassen. Auch in Frankreich wird dies weithin als Zeichen gewertet, dass der neue Präsident entgegen seiner Wahlkampfankündigungen keine "neue" Afrikapolitik anstrebt.

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