Diskriminierung von Frauen: Gema zu Schadenersatz verurteilt

Weil die Gema eine Mitarbeiterin nicht beförderte, muss die Firma 48.000 Euro Schadenersatz zahlen. Ein mathematisches Gutachten half der Klägerin.

Schützt Musik-, aber nicht gerade Frauenrechte: die Gema. Bild: dpa

Der Anwalt und ehemalige Verwaltungsrichter Hans-Georg Kluge ist sichtlich erfreut: "Heute ist ein Stück Frauendiskriminierung in Deutschland abgebaut worden." Am Mittwoch verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin die Verwertungsgesellschaft Gema dazu, seiner Mandantin, der Angestellten Silke Kühne, rund 48.000 Euro Schadenersatz zu zahlen. Dazu muss sie ihr nun eine Gehaltsdifferenz von rund 1.400 Euro pro Monat aufschlagen - unbefristet.

Silke Kühne, "Abteilungsleiterin Personal" bei der Berliner Niederlassung der Gema, hatte geklagt, weil ein Kollege, der noch nicht so lange bei der Gema arbeitet wie sie, zum Personaldirektor befördert wurde. Kühne wurde nicht einmal gefragt - obwohl sie die gleiche Arbeit verrichtete wie der Kollege.

Kühne argumentierte statistisch: Alle 27 Chefsessel bei der Gema seien mit Männern besetzt. Dabei gebe es in der Hierarchiestufe darunter zu 45 Prozent Frauen. Sie verwies auf ein mathematisches Gutachten. Demnach beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Konstellation ein Zufall ist, nur ein Prozent. Mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit liege also Diskriminierung vor.

Das Gericht unter dem Vorsitz des Richters Joachim Klues hat diese Art von statistischem Beweis zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Antidiskriminierungsrechts anerkannt. "Das Reservoir an qualifizierten Frauen war da", begründete Klues das Urteil. "Anders wäre es sicher in einer Metallgießerei, in der fast ausschließlich Männer arbeiten." Dieser Präzedenzfall freut Kluge besonders: "Anders als in England oder den USA haben deutsche Arbeitsgerichte den statistischen Beweis bisher stets abgelehnt", so der Anwalt.

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz muss die Klagende Indizien für die Diskriminierung vorbringen. Demnach muss die Beklagte beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat. Das fiel der Gema schwer, sie hatte die Stelle nämlich nicht ausgeschrieben. Deshalb war für das Gericht nicht erkennbar, ob Kühne dem Anforderungsprofil weniger gut entsprochen hätte als ihr männlicher Kollege.

Silke Kühne soll nicht nur das durch die Nichtbeförderung entgangene Gehalt bekommen, ihr wird auch ein immaterieller Schaden bestätigt: Nach der Klage sei sie unter anderem von ihrem Konkurrenten gemobbt worden. So fragte er etwa, ob sie das Verfahren gesundheitlich durchstehen könne. Oder regte an, sie solle über Weihnachten über ihre berufliche Zukunft nachdenken. Das bescherte ihr 16.000 Euro Schadenersatz. Gerade diese Strafe für weiteres Mobbing freut Kühne: "Andere Frauen werden nun bestärkt, ebenfalls den Klageweg zu beschreiten." Allerdings ist die Befriedigung eine vorläufige: Beide Seiten werden in Revision gehen.

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