Pädagogisch nicht wertvoll

Seitdem bekannt wurde, dass ein Hamburger Lehrerehepaar NPD-Mitglied sein soll, wird über mögliche Konsequenzen diskutiert. Die Schulbehörde sieht ihre Hände gebunden, doch die Opposition verweist aufs Beamtengesetz

Im Volksmund wird von „Berufsverbot“ gesprochen, wenn der Eintritt in den öffentlichen Dienst aufgrund des Radikalenerlasses verwehrt wird. Der erlaubt seit 1972, Bewerber auf Mitgliedschaft in einer extremistischen Organisation zu überprüfen. Er sollte das RAF-Umfeld aus dem Staatsdienst fernhalten. Ein Heidelberger Lehrer wurde 2004 ausgeschlossen, weil er in der Antifa aktiv ist. taz

von ANDREAS SPEIT

Die Lehrerin Katrin Schmutzler, für die die „Ostgebiete“ unter „polnischer Verwaltung“ stehen, gibt an der Hamburger Grundschule Buckhorn Musikunterricht. Die Bildungsbehörde weiß von der Gesinnung der Mutter von vier Kindern. Eine Handlungsmöglichkeit sieht sie nicht. „Unsere Mitarbeiter und Beamten sind frei, sich in erlaubten Parteien und Institutionen zu betätigen“, sagt Alexander Luckow, Sprecher der Behörde, und: „Das sind nun mal die rechtsstaatlichen Grundsätze.“

Seit Jahren bewegt sich das Ehepaar Schmutzler in der rechtsextremen Szene. „Sie sind uns als Unterstützer rechtsextremistischer Parteien bekannt“, bestätigt Manfred Murck, der stellvertretende Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes (VS). Bereits am vergangenen Donnerstag berichtete die taz über die rechten Pädagogen, die der NPD, der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) und der „Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“ nahestehen.

Aufgefallen sei Katrin Schmutzler nicht, meinte die Schulleiterin Dorothea Mielke. Und fragte nach: „Gehört sie denn einer verbotenen Vereinigung an?“ Bisher nicht. Aber sie verwaltet das Postfach der HDJ Einheit Nord in der Hansestadt.

Das niedersächsische Innenministerium erklärte gestern auf Anfrage des Grünen-Fraktion, dass zwischen der HDJ und der verbotenen Wiking-Jugend e.V. „hinsichtlich der „völkisch-nationalistischen Ausrichtung sowie deren Zielgruppe, nämlich Kinder und Jugendliche, gewisse Überschneidungen erkennbar“ seien. Sollte das Bundesinnenministerium ein Verbot anstreben, so würde man sich „mit Nachdruck“ dafür einsetzen.

Zu ihren Verbindungen zur HDJ äußerte sich Karin Schmutzler nur knapp: Sie verwalte das Postfach bloß aus „räumlicher Nähe“. Das Ehepaar gehört laut VS der NPD an. „Ich höre eben lieber ‚Ausländer raus‘, als ‚Deutschland verrecke‘“, sagte sie unlängst dem WDR-Fernsehen und betonte, sie könne durchaus als „rechtsradikal“ verstanden werden. Der Bericht kostete sie nicht die Leitung des Ostpreußenchors Niendorf, der sich den Film gemeinsam angesehen hatte. Vier Mitglieder verließen daraufhin den Chor. Alle anderen stehen zu „ihrer Chorleiterin“. Zusammen singen sie auch gerne die deutsche Nationalhymne – alle drei Strophen.

Die engen Verbindungen ihres Ehemanns Joachim Schmutzler zur „Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“ entsetzte die Leitung der Katholischen Grundschule Farmsen. Schulleiter Klaus Pax meinte, dass solche Einstellungen nicht mit ihrem Grundverständnis vereinbar seien. Die „Chattia“ bewertet der VS als „rechtsextrem“.

Nach dem gestrigen Gespräch zwischen Schulleitung und Jochen Schmutzler soll der Lehrer vom Unterricht suspendiert sein, heißt es aus der Schule. Der Rechtsrahmen der Katholischen Schule lasse diese Entscheidung zu. Auch an staatlichen Schulen, so erklärten die SPD-Bürgerschaftsmitglieder Andreas Dressel und Wilfried Buss, sei ein Einschreiten möglich.

Damit widersprachen sie der Argumentation der Schulbehörde, dass Aktivitäten in nicht verbotenen Parteien nicht justiziabel seien. In dem Hamburger Beamtengesetz stünde nicht ohne Grund, so Buss, dass sich „der Beamte durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“ müsse.

Der schulpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Robert Heinemann, warf ihnen daraufhin vor, die Wiedereinführung der Radikalenerlasse zu fordern. Zudem argumentierte er, dass die Betroffene keine Beamte sei. Dies sei kein Grund, nicht zu handeln, widersprach ihm Till Steffen, GAL-Fraktionssprecher für Justiz. Es sei dringend zu überprüfen, was im Unterricht geschehe, danach könne eine Abmahnung und bei weiteren Verstößen die Kündigung folgen.