Der schwarz-grüne Müller

CDU und Grüne in Altona wollen den GAL-Realo Jo Müller zum ersten grünen Bezirksamtsleiter Hamburgs wählen. Und damit die Option auf ein erneutes Bündnis nach der Wahl im Februar wahren

Von Sven-Michael Veit

Uwe Szczesny kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Von einem „Signal für das moderne Bürgertum“ spricht der CDU-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Altona, und von einem „Kandidaten mit Charisma“. Er meint Joachim Müller. Der 60-jährige Wirtschaftswissenschaftler soll der erste grüne Bezirksamtsleiter Hamburgs werden. Das gaben CDU und GAL, die im Bezirk Altona seit drei Jahren miteinander kooperieren, am Freitag Vormittag offiziell bekannt.

Der schwarz-grüne Kandidat selbst gab sich ungewohnt zurückhaltend. Altona sei „der vielfältigste und schönste Bezirk Hamburgs“, behauptete Müller, der allgemein Jo genannt wird. Dass er weder Jurist noch Verwaltungsfachmann sei, hält er „für keinen Nachteil“. Das Bezirksamt Altona sei „offenbar nicht gut organisiert“, es fehle da wohl „an Führung“. Er werde sich bemühen, „das zu lösen“ und bitte ansonsten darum, ihn in hundert Tage nach Details zu fragen.

CDU und GAL wollen auf einer Sondersitzung der Bezirksversammlung am 7. Juni Amtsinhaber Hinnerk Fock (FDP) abwählen und Müller zu dessen Nachfolger küren. Der 65-jährige Liberale, dessen Amtszeit eigentlich erst im Sommer nächsten Jahres endet, ist in ihren Augen „führungsschwach“. In jüngster Zeit war das Bezirksamt durch eine Reihe von Affären und Skandälchen in die Schlagzeilen geraten (taz berichtete mehrfach). Nach Ansicht der schwarz-grünen Mehrheit hat Fock das Amt nicht im Griff.

Nach fünfwöchiger Suche hatte eine schwarz-grüne Findungskommission sich am Mittwochabend auf Müller als gemeinsamen Kandidaten verständigt. In Fraktionssitzungen am Donnerstagabend war die Personalie in geheimen Abstimmungen „einstimmig“ gebilligt worden, wie Szczesny und der grüne Fraktionsvize Winfried Sdun betonten. Deshalb haben beide auch keinen Zweifel an Müllers Wahl. CDU und GAL haben mit 29 der 41 Mandate im Bezirksparlament eine satte Mehrheit.

Müller hat sich seit vielen Jahren bei Hamburgs Grünen einen Ruf als Hardcore-Realo erworben und gilt als Befürworter schwarz-grüner Bündnisse. Mehrfach war der brillante Rhetoriker wegen seiner polarisierenden Auftritte mit Versuchen gescheitert, GAL-Parteichef zu werden. Zuletzt politisch in Erscheinung trat er vor zwei Jahren, als er in einer Kampfkandidatur um den grünen Spitzenplatz zur Bundestagswahl der früheren Zweiten Bürgermeisterin Krista Sager unterlag. Müller selbst hatte Ende der 80er Jahre kurzzeitig für die Bremer Grünen im Bundestag gesessen; von 1990 bis 2000 war er glückloser Herausgeber der Wochenzeitung Hamburger Rundschau.

Keinen Zweifel ließen Sdun und Szczesny gestern daran, dass ein für sechs Jahre gewählter Altonaer Bürgermeister Müller die Option auf ein erneutes schwarz-grünes Bezirksbündnis nach der Wahl im Februar 2008 ist. Die 2004 geschlossene Kooperation „funktioniert bei allen Unterschieden zwischen den Partnern gut“, findet Szczesny. Ein „Auslaufmodell“, sagt Sdun, sei das keineswegs. Er könne es sich „sehr gut vorstellen, Schwarz-Grün auch nach 2008 weiterzuführen“.