G 8: Klimakiller zückt den Rotstift

Im Vorfeld des G-8-Gipfels in Heiligendamm wird bereits heftig über die Abschlusserklärung gerungen. Jetzt kam heraus: Die USA wollen alle konkreten Passagen zum Klimaschutz verwässern. Umweltschützer fordern nun, ohne die USA voranzugehen

VON NIKOLAI FICHTNER

Wenn sich die Regierungschefs der acht mächtigsten Industriestaaten zum Gipfel treffen, dann ist normalerweise schon vorher klar, was nachher rauskommt. Um in drei Wochen in Heiligendamm Streit zwischen den Staatslenkern zu vermeiden, verhandeln Unterhändler schon seit Monaten, was in der Abschlusserklärung stehen soll. Die Präsidentschaft macht Vorschläge, die anderen kommentieren.

Besonders umstritten ist das Thema Klimaschutz. Wie jetzt bekannt wurde, dringen die Unterhändler der USA darauf, alle konkreten Passagen zum Klimaschutz aus der Abschlusserklärung zu streichen. Ganz oben auf der Streichliste steht das Ziel, die globale Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Wissenschaftler halten den Klimawandel bis zu dieser Zielmarke noch für beherrschbar. Die EU hat das 2-Grad-Ziel bereits seit langem anerkannt.

Auch das Vorhaben, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 zu halbieren, soll nach dem Willen der USA ersatzlos gestrichen werden. Vielen Klimaschützern war diese Passage bereits im ersten Entwurf zu schwammig, weil sie keine konkreten Verpflichtungen für die G-8-Länder bis 2020 beinhaltet. Außerdem auf der Streichliste: die Zusage, die Energieeffizienz deutlich zu erhöhen und die Unterstützung für einen weltweiten Emissionshandel von Kohlendioxid (CO2). Nicht nur bei den Zahlen, auch bei der Gipfelrhetorik setzt die Bush-Regierung den Rotstift an: So wird aus der „Besorgnis“ über die jüngsten Berichte des Weltklimarats IPCC eine simple „Kenntnisnahme“. Auch die allgemeine „Pflicht“ zum Klimaschutz wollen die US-Unterhändler so nicht stehen lassen.

Was die Stellungnahme der US-Regierung für die Abschlusserklärung der G 8 bedeutet, ist noch nicht absehbar. Ein Sprecher der Bundesregierung versicherte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, die Verhandlungen seien inzwischen weiter vorangeschritten. Die US-Korrekturen stammen offenbar aus dem vergangenen Monat. Auch im Umfeld des scheidenden britischen Premierministers Tony Blair bleibt man optimistisch. Blair trifft sich heute mit US-Präsident George W. Bush. Er will sich dafür einsetzen, die US-Streichungen wieder rückgängig zu machen.

Klimaschützer erwägen eine andere Lösung: „Man muss überlegen, ob man die Abschlusserklärung nicht besser ohne die USA macht“, sagte Karsten Smid von Greenpeace der taz. Es sei nicht sinnvoll, Kompromisse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner einzugehen. „Diese Gipfelrhetorik hilft niemandem.“

Auch Antje von Broock von der Umweltorganisation BUND fordert: „Wenn die USA sich sperren, dann sollte Deutschland umso weiter voranschreiten.“ Eine einseitige Erklärung der Bundesregierung, Deutschlands Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken, würde ein wichtiges Signal an die Entwicklungs- und Schwellenländer senden. Unter Beobachtern gilt eine ehrgeizige Klimapolitik der G 8 als wichtige Voraussetzung für die UN-Klimaverhandlungen in Bali im Dezember.

Dass die USA Vereinbarungen zum Klimaschutz verwässern, hat Tradition in der G 8. Schon in der Abschlusserklärung des Gipfels von Gleneagles 2005 wurde aus der „Bedrohung“ durch den Klimawandel nach US-Intervention eine „Herausforderung“.