Wölfen soll es an den Pelz gehen

Weil sie ihren Erfolg schmälern, wollen Jäger Wölfe in der Lausitz abschießen

DRESDEN taz ■ Der Wolf ist immer noch böse. Zumindest für einige Landwirte und vor allem Jäger in der östlichen Lausitz. Sie hätten gern, dass den inzwischen 20 bis 30 Wölfen der Region das gleiche Schicksal widerfährt wie Bruno, dem bayerischen Schadbär. Christian Berndt, Vorsitzender des Kreisjagdverbandes Niederschlesische Oberlausitz, erwartet für den Kreisjägertag einigen Unmut, der am Samstag stattfindet. „Die Stimmung kippt bei Jägern, aber auch in der Bevölkerung“, sagt Christian Berndt. Der Jäger hat ebenso wenig wie der Landesjagdverband Sachsen etwas gegen die vor rund zehn Jahren aus Polen eingewanderten Wölfe. Heimisch sind sie vor allem im Muskauer Forst geworden. Berndt weiß aber auch, wie sehr der Wolf zum Konkurrenten werden kann und an der Jägerehre kratzt. Mit seinen Attacken auf das Schalenwild schmälert er den Jagderfolg. „Statt fünfmal muss man jetzt 15-mal auf den Hochsitz für einen Abschuss gehen“, so Berndt. Die Abschusspläne des Landratsamtes sind deshalb schon reduziert worden. Wild wird in andere Gebiete abgedrängt. Auf der Flucht bildet Rotwild sogenannte Angstrudel, die in Panik den Boden zerstampfen und in der Landwirtschaft Schäden anrichten.

Gelegentlich reißen Wölfe auch in der Nähe menschlicher Behausungen, so etwa bei Boxberg oder bei Rothenburg. Der Landesjagdverband Sachsen erfasst solche Vorkommnisse per Formular. Die Bild-Zeitung ist dann auch stets zur Stelle und sieht Rotkäppchen und die Großmutter schon im Bauch des Wolfes. „Schießt die deutschen Wölfe ab!“, titelte das Springer-Blatt. Einer der Bild-„Experten“ ist der Waldbesitzer Joachim Bachmann aus Bärwalde. Als Gründer des Vereins „Sicherheit und Artenschutz“ kämpft er dafür, die Wölfe in Deutschland wieder auszurotten. Vor dem Dresdner Verwaltungsgericht scheiterte er allerdings mit seinem Wunsch, den Wölfen an den Pelz zu gehen.

„Der Wolf kommt auch in einer Kulturlandschaft gut zurecht, braucht aber Ruhezonen und eine entsprechende Wildtierdichte“, erklärt Wolfgang Riether vom BUND. Übergriffe auf Menschen seien nur bei kranken Tieren zu befürchten, wovon in Europa bislang lediglich vier bekannt wurden. Der BUND hat beantragt, den Landesjagdverband nicht als Naturschutzverband anzuerkennen.

Rudolf Haas, Landesvorstandssprecher der Grünen in Sachsen, forderte mehr Aufklärung und Verständnis. „Die Menschen in der Region müssen begreifen, dass der Wolf für die Lausitz den gleichen Stellenwert hat wie die Frauenkirche für Dresden“, sagte er. Bei Sachsens Umweltminister Stanislaw Tillich (CDU) rennen die Grünen damit allerdings offene Türen ein. Für den Minister sind die Wölfe „ein Geschenk für Sachsen und eine große Bereicherung der Artenvielfalt“. Er rief dazu auf, „Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden“. MICHAEL BARTSCH