Exmonopolist bleibt Platzhirsch

Trotz der Liberalisierung im Gasmarkt behält die Gasag ihre beherrschende Stellung in Berlin. In Zukunft will sie sich mit Biogas neue Märkte erschließen. Konkurrent kündigt Werbeoffensive an

VON CHRISTINA HEBEL

Der Wettbewerb auf dem Berliner Gasmarkt kommt nur langsam in Schwung. Lediglich 5.000 private Kunden haben seit Herbst 2006 den Anbieter gewechselt – und sich damit vom Platzhirschen Gasag abgewandt. „Uns tut das schon weh“, sagte Andreas Prohl, Vorstand Vertrieb und Technik des Berliner Erdgasunternehmens, gestern auf der Bilanz-Pressekonferenz.

Aber wirklich zittern muss die Gasag noch nicht: Mit 640.000 Privatkunden hat sie weiter eine marktbeherrschende Stellung in der Stadt – trotz der im Herbst begonnenen Liberalisierung der Gasversorgung. 2006 verbuchte das Unternehmen ein Plus von 49,2 Millionen Euro und damit 0,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Umsatz stieg um 32,1 Prozent auf 965,3 Millionen Euro.

„Viel getan hat sich auf dem Gasmarkt bisher nicht“, bedauert Michael Schäfer, energiepolitischer Sprecher der Grünen. Er kritisiert, dass das Gasnetz in den Händen der Gasag-Tochter Netzgesellschaft Berlin Brandenburg ist. „Der Senat hält seine Hände schützend über den Quasimonopolisten. Er hätte den Konzessionsvertrag mit der Gasag zum Ende letzten Jahres kündigen müssen.“ So hätten die Verbraucher geringere Kosten gehabt und andere Anbieter besseren Zugang zum Netz.

Vier Gasanbieter buhlen derzeit um private Gasag-Kunden: die beiden niederländischen Unternehmen Nuon und die FlexGas GmbH, KlickGas und die Eon-Tochter „E wie einfach“. Doch so lau wie bisher wird der Wettbewerb nicht rumdümpeln. „Wir sind werblich noch nicht zu sehen – das wird sich in wenigen Wochen ändern“, kündigte Alexander Land an, der Sprecher von „E wie einfach“.

Die Gasag reagiert auf den Wettbewerb mit neuen Angeboten wie etwa einem „Online-Tarif“. Zudem ist Gas nach mehreren Preissteigerungen erstmals wieder billiger geworden: Seit 1. April zahlen Privatkunden 30 Cent pro Kilowattstunde weniger. Grund: die fallenden Energiepreise. Allerdings konnte die Gasag gestern keine weitere Preissenkung für dieses Jahr versprechen: „Hätten Sie mich vor zwei Wochen gefragt, hätte ich ja gesagt. Aber die Energiepreise sind so stark abhängig von der Tagesaktualität, da sind wir alle noch auf der Lernkurve“, sagte Vorstand Prohl. Mit der Gefangennahme der britischen Soldaten im Iran seien die Preise wieder enorm gestiegen; keiner wisse, wann sich die Situation im Nahen Osten wieder entspanne.

Wachstumspotenzial sieht der Gaskonzern bei Kunden, die mit Heizöl oder Fernwärme heizen. 5.800 Kunden, die zuvor andere Brennstoffe genutzt hatten, wechselten 2006 zur Gasag. Zudem setzt das Unternehmen auf Biogas: Noch in diesem Jahr wird im brandenburgischen Rathenow die erste Biogas-Anlage gebaut, die ab 2008 jährlich 45 Millionen Kilowattstunden Gas produzieren wird. Über die Hälfte wird in Erdgastankstellen eingespeist, der Rest an ein Blockheizkraftwerk gehen.