Wowereit spendiert Kunsttempel

Berlin bekommt bis 2011 eine Halle für Gegenwartskunst, kündigt Kulturstaatssekretär Schmitz an. Sie soll einem temporären Ausstellungsort auf dem Schlossplatz in Mitte aber nicht im Weg stehen

VON NINA APIN

Die Pläne für eine staatliche Kunsthalle nehmen konkrete Form an. Kulturstaatssekretär André Schmitz kündigte gestern an, die geplante Halle für zeitgenössische Kunst noch vor 2011 bauen zu wollen. Über Kosten und Finanzierung des Bauvorhabens machte Schmitz keine Angaben. Er nannte aber drei mögliche Standorte „in zentraler Lage“, darunter das Gelände direkt hinter dem Museum Hamburger Bahnhof an der Spree.

Mit diesem Vorstoß reagieren der Kulturbeauftragte Klaus Wowereit (SPD) und sein Staatssekretär auf die andauernde Debatte über einen neuen, dringend benötigten Präsentationsort für zeitgenössische Kunst. Obwohl eine staatliche Kunsthalle im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen ist, hatte sie Wowereit schon mehrmals ins Spiel gebracht – zuletzt erregte das private Vorhaben einer temporären Kunsthalle auf dem Schlossplatz die Öffentlichkeit. Dabei vermischten sich allerdings zwei Diskussionen: Es schien, als sei eine Kunsthalle nur auf dem Schlossplatz und nur temporär bis zum Bau des Stadtschlosses möglich. Dass die staatliche Kunsthalle nun kommt, bedeutet indes nicht das Aus für die Schlossplatzpläne.

„Eine temporäre Lösung auf dem Schlossplatz würde die Berliner neugierig machen auf eine feste Kunsthalle“, sagte Schmitz. Daher unterstütze er eine kulturelle Zwischennutzung des Schlossplatzes in Form einer Kunsthalle. Trotzdem brauche das Land langfristig einen festen Ort für zeitgenössische Kunst außerhalb der bestehenden Sammlungen.

Diese hatten in letzter Zeit für einigen Ärger gesorgt. Am Wochenende trat der Kurator der Sammlung Marx im Hamburger Bahnhof, Heiner Bastian, aus Protest gegen die „Vernachlässigung zeitgenössischer Kunst“ zurück. Danach drohte auch Sammler Erich Marx, seine bedeutende Sammlung von Werken des 20. Jahrhunderts aus dem Haus zurückzuziehen. Beide übten scharfe Kritik an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. „Die privaten Galerien sind das große Aushängeschild für zeitgenössische Kunst. Aber in den Museen ist nichts davon zu sehen“, klagte Bastian. Er plant nun die Eröffnung einer eigenen Galerie gegenüber der Museumsinsel.

André Schmitz zeigte sich gestern zuversichtlich, dass der Konflikt um die Sammlung Marx beigelegt werden könne. „Berlin hat als Sitzland des Hamburger Bahnhofs ein großes Interesse am Erhalt der bedeutenden Sammlung Marx für das Museum“, sagte er. Trotzdem habe die Diskussion ihr Gutes: Sie weise darauf hin, wie schmerzlich ein zentraler, nicht kommerzieller Kunstort benötigt werde.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) reagierte schon mal: Er möchte den Umgang mit zeitgenössischer Kunst als Thema auf die Tagesordnung der nächsten Stiftungsratssitzung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz setzen.

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