Schule verteidigt Bundeswehr

MILITÄRERZIEHUNG An zwei Schulen gab es Protestaktionen gegen Veranstaltungen der Bundeswehr zur Berufsinformation. Diese wurden auch mit Polizeieinsatz gesichert

VON JAN ZIER

Die SchülerInnen kamen in weißen Anzügen, rote Farbe darauf, und Wasserspritzpistolen. Sie wollten mit einer Performance gegen eine Bundeswehr-Veranstaltung am Schulzentrum (SZ) Rübekamp in Walle demonstrieren. Doch dazu kam es nicht. Die Polizei war schon präventiv vor Ort, hat die Aktion gemeinsam mit Lehrern verhindert. Im März war das, bei einem Berufsinformationstag für 180 SchülerInnen. 36 Angebote gab es da, auch von der Armee, die etwas über Aus- und Weiterbildung beim Bund erzählte.

Dagegen protestiert wurde trotzdem: Von einer „vergleichsweise kleinen Minderheit“ von „Störern“, wie Direktor Friedrich-Wilhelm Hohls sie nennt. Sie hätten die Bundeswehr schon mit „Mörder, Mörder“-Rufen empfangen. Und dann beim Jugendoffizier „polemisch nachgefragt“, wie Jasper Lemke es nennt. Der 18-jährige Abiturient des SZ Rübekamp, damals Vorstand der Gesamtschülervertretung, war einer davon. „Wann darf man denn mal jemand umbringen?“, wollte er wissen.

Dafür sei ihm dann mit Suspendierung gedroht worden, hinterher wurden drei der jungen Protestler, die zum Teil auch von anderen Schulen kamen, von der Polizei mit auf die Wache genommen und dort erkennungsdienstlich behandelt. Der Grund dafür sei „nicht ersichtlich“ gewesen, sagt Jonathan Kahrs, einer der Betroffenen. „Die Jugendlichen wollten ihre Identität nicht preisgeben“, sagt der Direktor. Am Ende hat die Polizei binnen kurzem alle drei laufen lassen. Aus den Kreisen der SchülerInnen heißt es, die Polizei habe versucht ihnen „Angst“ zu machen, sei „mit klar einschüchterndem Gestus“ aufgetreten, habe Leibesvisitationen durchgeführt, einen Schüler gezwungen, sich vermummt fotografieren zu lassen. „Unverhältnismäßig“ findet Lemke den Polizeieinsatz.

Dass die überhaupt schon vor Ort war, liegt daran, dass vor einiger Zeit auch im SZ Lange Reihe in Walle gegen die Armee protestiert wurde. Dort sei es zu „Übergriffen“ von Jugendlichen gekommen, sagt Hohls, mindestens ein Schüler wurde angezeigt. Daraufhin war die Polizei, womöglich auch der Staatsschutz, schon vor Ort, als im Schulzentrum Rübekamp Kritik aufkam. Wie viel SchülerInnen bei der Aktion dabei waren, darüber gehen die Meinungen auseinander. Der Direktor spricht von zehn, die SchülerInnen von 30 Leuten. Dass derlei Protest überhaupt stattfindet, sei neu: In den vergangenen Jahren, sagt Hohls, seien derlei Veranstaltungen „immer störungsfrei“ verlaufen, auch an anderen Schulen.

Die Kritik richtet sich gegen Infoveranstaltungen der Bundeswehr an Schulen, aber auch gegen die Armee an sich. „In Afghanistan wird keine Demokratie vermittelt“, sagt Lemke, die Bundeswehr werde vielmehr aus „wirtschaftlichen Interessen“ im Ausland eingesetzt. Veranstaltungen an Schulen findet er „besonders problematisch“, zumal dort nicht auch geworben werde: Da seien „coole Menschen mit cooler Technik“ zu sehen, eine rationale Auseinandersetzung mit Gewalt und Töten finde nicht statt. Lemke: „Da werden Helden-Mythen aufgebaut“.

Hohls hat für den Protest wenig Verständnis: Er sei „nicht legitim“, wenn die Berufsorientierung „gestört“ werde, zumal viele SchülerInnen die Infos der Bundeswehr hätten haben wollen. Ansonsten verweist er darauf, dass die Lehrerschaft fast einstimmig dafür gewesen sei, die Armee einzuladen. In Bremen dürfen die Schulen autonom über solche Fragen entscheiden, es gibt, anders als in Hessen, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, keinen Kooperationsvertrag, der die Zusammenarbeit von Bundeswehr und Schule regelt.

Eine Podiumsdiskussion zu diesem Thema, sagt Hohls, wäre „sehr wohl möglich gewesen“. Protest, noch dazu unangemeldeter, nicht. Statt dessen gab es hernach eine Vollversammlung der Schülerschaft. Dort waren Befürworter und Gegner sowohl der Bundeswehr als auch der Protestaktion wohl in etwa ausgeglichen. Auf anonymen Fragebögen indes sind die Kritiker auch als „scheiß Kommunisten“ beschimpft worden.