Israel mit seinem Totalboykott jetzt isolierter

Neue palästinensische Einheitsregierung wird weiterhin nicht anerkannt. Aber USA und EU strecken Fühler aus

JERUSALEM taz ■ Israels Regierung hält an ihrem Boykott des palästinensischen Kabinetts fest. Ihr einziger Gesprächspartner bleibt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, beschloss das Kabinett gestern mehrheitlich. Demzufolge wird die Regierung des israelischen Premierministers Ehud Olmert nicht nur die Hamas-Minister ignorieren, sondern auch die der Fatah.

Erst am Vortag hatte das palästinensische Parlament nahezu einstimmig das letzte Woche vorgestellte neue Kabinett bestätigt. Knapp ein Viertel der Abgeordneten, darunter Parlamentssprecher Asis Dweik, mussten der Abstimmung fernbleiben, da sie in israelischer Haft sitzen. In seiner Antrittsrede gab sich Premierminister Ismail Hanijeh (Hamas) guten Mutes, „die Amerikaner und Israelis zu überwinden“. Menschenrechtsaktivist Mustafa Barghouti, der neue Informationsminister, appellierte an die Weltgemeinschaft, die neue Regierung anzuerkennen, die großen Wert auf „Frauenrechte sowie internationale und humanitäre Gesetze“ lege.

Der fortgesetzte israelische Boykott, vor allem das Zurückhalten der palästinensischen Zoll- und Steuereinnahmen zwingt die neue Einheitsregierung zunächst, nach Einnahmequellen Ausschau zu halten. Die größten Summen kamen zuletzt aus Saudi-Arabien und dem Iran.

Die USA wollen ihren Finanzboykott aufrechterhalten, wenngleich Gespräche zu den nicht der Hamas angehörenden Ministern möglich sein sollen. Mit dieser veränderten Position springt das Weiße Haus mit einem Bein von dem Zug, auf den Israel nach dem Wahlsieg der Hamas vor gut einem Jahr den Westen lud. Damals übernahm das Nahostquartett aus USA, EU, UNO und Russland im Wortlaut die israelischen Bedingungen an die palästinensische Regierung, darunter die Anerkennung Israels und der Verzicht auf Gewalt.

Auch aus Europa tönt das bisherige Mantra der Bedingungen seit dem Wochenende leiser. Die Ostjerusalemer Tageszeitung al-Ayyam berichtete über den geplanten Besuch eines EU-Vertreters bei der neuen Regierung noch diese Woche. Europäische Diplomaten hätten Bereitschaft signalisiert, die EU-Hilfe wieder aufzunehmen und über die Konten des neuen Finanzministers Salam Fayyad vom liberalen „Dritten Weg“ laufen zu lassen. Fayyad ist ein anerkannter Ökonom. SUSANNE KNAUL

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