Mehari? „Märchen!“

Ehemalige Weggefährten aus Senait Meharis Tsibah-Schule in Eritrea fordern eine Entschuldigung

Warum erst jetzt? So lange nach der Veröffentlichung von Senait Meharis Autobiografie „Feuerherz“ (2004), in der sie von Erlebnissen als Kindersoldatin im eritreischen Bürgerkrieg berichtet hatte? In ihrer Presseerklärung hatten die sechs ehemaligen Weggefährten Meharis bereits eine Antwort für die gestern im Konferenzraum der Berliner Stiftung Nord-Süd-Brücken versammelten Journalisten entworfen: Es hätte bereits früher Proteste gegen Meharis Darstellung gegeben, man sei auch auf den Verlag Droemer & Knaur zugegangen – doch ohne Wirkung. Zudem habe es eine gewisse Zeit in Anspruch genommen, die in alle Länder verstreuten Zeitzeugen miteinander zu vernetzen und „Beweise“ zu sammeln: dafür, dass Senait Mehari (Foto) ein „Märchen“ erzählt habe.

Elias Ghere Benifer, Mitbegründer der eritreischen Tsibah-Schule, erklärte, dass weder Senait noch andere Schüler oder Lehrer jemals in Kontakt mit Waffen gekommen noch etwas vom damaligen Bürgerkrieg zwischen den Befreiungsorganisationen EPLF und ELF mitbekommen hätten. Die Schule hätte alleine dem Ziel gedient, Kindern aus allen Landesteilen die Möglichkeit einer Ausbildung zu bieten, trotz des Krieges. Keineswegs sei die Schule ein Camp gewesen, man habe aber aufgrund des Bürgerkrieges mehrfach den Standort wechseln müssen. Der Exschüler Abraham Mehreteab ergänzte: „Manchmal haben wir Unterricht im Freien gehabt, unter Bäumen. Aber wir Jungen wurden die ganze Zeit über gut behütet, wir hatten immer zu essen und mit Waffen nichts zu tun.“

Auf Nachfrage erklärte Benifer, dass zu keinem Zeitpunkt Schüler der ELF im Kriegseinsatz gewesen seien, auch nicht jene anderer Schulen. Wenngleich ein anderer Zeitzeuge nicht ausschließen wollte, dass in anderen Teilen des Landes gelegentlich Kinder als Boten oder Wachposten zum Einsatz gekommen seien.

Die ehemaligen Weggefährten forderten gestern eine Entschuldigung; nicht nur von Mehari, sondern auch von den mit ihr arbeitenden Hilfsorganisationen. Auch die beteiligten Journalisten und der Autor des Buches „Feuerherz“ wurden scharf angegriffen.

Die von mehreren JournalistInnen gestellte Frage nach der Bereitschaft zu einem Gespräch mit Mehari wurde prinzipiell bejaht – bislang waren Angebote Meharis ignoriert worden. MRE