Oscars gegen Klimawandel
: KOMMENTAR VON BERT REBHANDL

Nie waren die Oscars internationaler als dieses Mal. Und nie war die Allianz von massenmedialer Macht und einfachen Botschaften so deutlich darauf ausgerichtet, das globale Publikum auf eine gute Sache einzuschwören. Im verhinderten Präsidenten Al Gore stand dafür eine Symbolfigur bereit. Aber noch bis in die Details des Gala-Abends war der Wille zu erkennen, die Früchte der identitätspolitischen Auseinandersetzungen der Neunzigerjahre nun im Geist eines neuen Gemeinsinns zu ernten: Das verkörperte stellvertretend die lesbische Moderatorin Ellen DeGeneres, die eine Weltgesellschaft von Los Angeles bis Tokio, von Tijuana bis Bavaria bei Laune hielt.

Einmal im Jahr konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Welt auf Hollywood. Wenn die Oscars verliehen werden, ist dies nicht einfach nur eine Auszeichnung für die besten Filme. Es gibt einer der wichtigsten Industrien der Welt auch die Gelegenheit, sich selbst zu inszenieren. Beim Balanceakt zwischen Kommerz und Kunst spielen politische Erwägungen immer eine Rolle. Denn Hollywood will schließlich nicht nur unterhalten; hier paaren sich Arroganz und Avantgarde. Und wenn die Oscars in diesem Jahr zum ersten Mal in Grün leuchteten, dann ist dies mehr als nur eine Geste: In der Herausforderung des Klimawandels ist supranationales Handeln gefragt. Genau diese Botschaft hat Hollywood in diesem Jahr ausgesandt.

Natürlich funktioniert Politik nicht nur auf einer symbolischen Ebene: Niemand weiß dies besser als George W. Bush, der sich nach dem Fall von Bagdad auf einem Flugzeugträger wie ein „Top Gun“-Pilot inszenierte und dennoch den Frieden im Irak nicht zu gewinnen vermochte. Aber Politik wird auch auf einer symbolischen Ebene verhandelt, und dabei hat Hollywood schon oft seine Muskeln spielen lassen: Vom Eintritt in den Zweiten Weltkrieg bis zum Rückzug aus Vietnam, stets spielte es eine wichtige Rolle.

Es bedarf jedoch immer einer konkreten, drängenden Frage. Die „unangenehme Wahrheit“ der Erderwärmung ist eine solche. Hollywood weiß darauf auch keine Antwort. Aber es verschafft möglichen Antworten eine ungeahnte Öffentlichkeit – und Al Gore damit einige neue Perspektiven.