Delmenhorst kauft das „Hotel am Stadtpark“

Der umstrittene Vertrag steht: Für 3 Millionen Euro kauft die Stadt ein Hotel – aus Angst vor Neonazi-Anwalt

DELMENHORST dpa/taz ■ Nach monatelangem Gezerre hat die Stadt Delmenhorst das „Hotel am Stadtpark“ gekauft – aus Angst, in dem Gebäude könnte ein rechtsextremes Schulungszentrum errichtet werden. Die Stadtverwaltung und eine Bürgerinitiative bestätigten gestern den Abschluss des Geschäfts. Der Kaufpreis habe bei 3 Millionen Euro gelegen. Mehr als 937.000 Euro seien durch Spendengelder aufgebracht worden.

Mitte des Jahres hatte der Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger öffentlich Interesse an dem Hotel in Delmenhorst bekundet und behauptet, er wolle die Immobilie für 3,4 Millionen Euro kaufen, um darin ein Schulungszentrum anzusiedeln. Der mit der Stadt im Clinch liegende Hotelier Günter Mergel drohte, sich auf dieses Geschäft einzulassen. Daraufhin formierte sich in der Stadt ein breiter Bürgerprotest mit dem Ziel, die Ansiedlung eines rechten Schulungszentrums mit allen Mitteln zu verhindern.

Bei den Sicherheitsbehörden vermutet man allerdings, dass Rieger die Kaufabsicht nur vorspiegelte. Zwar wird dem Juristen, der im Herbst der NPD beitrat und inzwischen dem Bundesvorstand der Partei für Finanzfragen angehört, ein Millionenvermögen aus Nazi-Erbschaften nachgesagt. Zudem hat er sich bereits einige Immobilien an Land gezogen: nach jüngsten Auskünften der Bundesregierung neben dem „Heisenhof“ im niedersächsischen Dörverden u. a. das „Schützenhaus“ im thüringischen Pößneck. Dennoch gehen Verfassungsschützer davon aus, dass er das 100-Betten-Hotel im Delmenhorster Stadtzentrum nie wirklich haben wollte – allein wegen der riesigen Unterhaltskosten, die ein solches Gebäude verursacht.

Bislang ist unklar, was die Stadt nun künftig mit ihrer neuen Immobilie anfangen wird. Noch am Montagabend wurden auf einer Bürgerversammlung in Delmenhorst Ideen dafür gesammelt und diskutiert. Darunter die Nutzung als Seniorenheim, als Begegnungszentrum für Jung und Alt, als Kulturhaus oder Verwaltungszentrum. Mieter der städtischen Wohnungsbaugenossenschaft GSG in Delmenhorst befürchten unterdessen, unter dem Deal leiden zu müssen. Denn die GSG soll sich mit 500.000 Euro an dem Hotelkauf beteiligen und dafür einen Kredit aufnehmen – Geld, das dann für die Sanierung der Mietwohnungen fehlen könnte. AGX