„Mehr als Musik“

Max Dax, neuer „SPEX“-Chefredakteur, über den Umzug nach Berlin, den Bruch mit der alten Kölner Redaktion – und das Anknüpfen an Traditionen

INTERVIEW DAVID DENK

Zum 1. Januar 2007 wird Max Dax Chefredakteur des künftig in Berlin produzierten Popkulturmagazins SPEX. Dieser Neuanfang bedeutet für die alte Mannschaft das Ende. Dem bisherigem Chef Uwe Viehmann und der gesamten Kölner Redaktion hat die Piranha Media AG nach ihrem Protest gegen den Umzug gekündigt. „Alles ändert sich also, leider nicht, wie wir es 27 Jahre gewohnt waren, fließend, organisch, aus sich heraus, mit dem Wunsch nach Veränderung, sondern: notgedrungen und fremdbestimmt. Gesteuert durch den Namen einer Stadt. Bizarr“, schreibt Viehmann in seinem bitteren Abschiedsbrief von SPEX. Der neue Chef baut derweil die Berliner Redaktion auf.

taz: Herr Dax, Ihr Verlag spricht von einem „völligen Neuanfang“ mit Ihnen als SPEX -Chefredakteur. Wie soll der aus Ihrer Perspektive aussehen?

Max Dax: Der völlige Neuanfang ist ganz und gar unabhängig von meiner Person notwendig geworden, angeblich aus ganz profanen Gründen: dem am 1. 1. 2007 in Kraft tretenden Tabakwerbeverbot. Eine absurde Situation, die dazu führte, dass der mittelständische Piranha-Verlag gezwungen war, den Standort Köln wegen zu hoher Overhead-Kosten zu opfern – um das Erscheinen von SPEX in der Zukunft zu sichern. Der Redaktion war das wohl schwer vermittelbar. Ein Neuanfang bedeutet daher: eine neue Redaktion, eine neue Stadt und ein glasklares Bekenntnis zu der Tradition, die die SPEX in den letzten 26 Jahren geprägt hat: politischer Mut, ein klares Auftreten in Wort, Bild und Gestaltung, ein Bekenntnis zu einer politischen und kulturellen Avantgarde in Musik, moderner Kunst, Fashion, Fotografie, Kino und Literatur.

Bedeutet Ihre Verpflichtung eine Abkehr vom zuletzt sehr Service-orientierten Konzept?

Die großen kulturellen und politischen Leitthemen werden in der SPEX wieder stattfinden. Episch. Deep. Leidenschaftlich. Als ich mit 16 angefangen hatte, SPEX zu lesen, hat sie mich ganz selbstverständlich über viel mehr als nur Musik informiert. Die Redaktion um Diedrich Diederichsen, Jutta Koether, Clara Drechsler, Christoph Pracht und Dirk Scheuring berichtete über „Musik zur Zeit“. Da wird es mehr Kontinuität als Bruch geben.

Die gesamte alte Redaktion scheidet aus. Ist so überhaupt eine Übergabe möglich?

Warten wir das erste Heft ab, das Ende Februar erscheinen wird. Ich erinnere daran, dass Anstrengungen unternommen worden sind, Redakteure zu halten – allerdings unter der Bedingung, nach Berlin zu ziehen. Nur zwei haben es gemacht: Einer davon ist der Grafiker Mario Koell.

Warum machen Sie den Job – trotz Schlammschlacht?

Weil ich die SPEX liebe und die Vorstellung, die Zeitschrift wäre wegen zu hoher Overhead-Kosten beerdigt worden, schrecklich ist. Die SPEX ist größer als ich, du und die alte Redaktion.

Werden Sie nur mit neuen Leuten oder auch mit alten Bekannten arbeiten?

Das werden der Verlag und ich in den nächsten Tagen bekanntgeben. Ich gehe aber davon aus, dass viele freie Autoren, die regelmäßig für die SPEX geschrieben haben, auch in Zukunft dabei sein werden.

Die Erscheinungsweise soll auf zweimonatlich umgestellt werden. Führt das den Diskursstifter SPEX nicht geradewegs in die Bedeutungslosigkeit?

Das Gegenteil ist der Fall. Die SPEX wird erst so den Raum, die Zeit und die Recherchetiefe aufweisen, um Diskurse nicht nur zu stiften, sondern auch die Hoheit über sie zu behaupten.

Sie selbst sind ein ausgezeichneter Interviewer. Werden Interviews also auch in der neuen SPEX wichtiger?

Ja. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, weshalb ein so direktes Format wie das Interview in der SPEX zuletzt kaum auftauchte. Wir werden die besten Interviews in der SPEX drucken, und wir werden ihnen den nötigen Raum geben.