Bundestagsabgeordnete: Trend zum heimlichen Nebenjob

Abgeordnete wie Michael Fuchs veröffentlichten Nebentätigkeiten nicht - obwohl sie müssen. Auch Jürgen Trittin, Sigmar Gabriel und Norbert Geis kommunizierten Nebenjobs jahrelang nicht.

Kurator bei der Stiftung Initiative Mehrweg und verantwortlich für das Dosenpfand: Ex-Umweltminister Trittin. Bild: dpa

BERLIN taz | Parlamentarier sind in Jobangelegenheiten zu besonderer Transparenz verpflichtet: Jeder muss Nebentätigkeiten im Bundestagshandbuch veröffentlichen. Doch nicht alle nehmen es mit der Pflicht, die Interessenkonflikte eindämmen soll, genau.

Ein Beispiel ist der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion sitzt im Beirat der Politikberatungsfirma PKS Wirtschafts- und Politikberatungs GmbH. Das wurde im Februar bekannt. Die Mitglieder des Beirats erhalten eine "Vergütung in Form eines Sitzungsgeldes, dessen Höhe mit dem durchschnittlichen Sitzungsgeld für Mitglieder der Aufsichtsräte von DAX-Unternehmen vergleichbar ist", sagt Stefan Evers, Geschäftsführer der PKS. Fuchs gab sein Engagement nicht im Handbuch an. Die Linkspartei-Abgeordnete Ulla Lötzer schrieb wegen der Nichtveröffentlichung Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) an. Seine Verwaltung teilte Lötzer in einem Brief, der der taz vorliegt, mit, Fuchs habe "im Februar 2008 mitgeteilt, dass er für die PKS tätig geworden sei. Eine Beiratsmitgliedschaft war aus dieser Meldung nicht erkennbar." Auf Anfrage wollte Fuchs dazu nicht Stellung nehmen.

Und: Nach dieser Anfrage tauchte Fuchs Beiratstätigkeit auf seiner Bundestagsseite auf - offenbar hatte er Mitarbeiter angewiesen, die Seite zu aktualisieren. Dazu, ob in dieser Sache eine Prüfung eingeleitet wurde, gab die Bundestagsverwaltung keine Auskunft. Auch andere Abgeordnete können auf die Nachsicht der Verwaltung zählen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein Amtsvorgänger Jürgen Trittin (Grüne) haben etwa nach taz-Informationen ihre Mitgliedschaft im Kuratorium der Stiftung Initiative Mehrweg jahrelang nicht veröffentlicht. Die Stiftung wirbt im Zeichen des Umweltschutzes für den Einsatz von Mehrwegflaschen - hinter ihr stehen Firmen der Mehrwegbranche.

Auf Anfrage begründete Gabriel die Nichtveröffentlichung mit einem "Versehen im Ministerbüro", auch Trittin berief sich auf ein "Versehen". Ein beziehungsweise zwei Tage nach der Anfrage meldeten die Abgeordneten ihre Tätigkeit nach. Sie tauchten plötzlich auf ihren Bundestagsseiten auf. Zu einer Prüfung durch den Bundestagspräsidenten will sich die Verwaltung nicht äußern. "Ich sage zu dem laufenden Verfahren nichts", so Bundestagssprecherin Eva Haacke mit - genauso wie bei dem CDU-Mann Fuchs.

Bereits im November wurde ein anderer pikanter Nebenjob-Fall bekannt: Der Bundestagsabgeordnete Norbert Geis (CSU) hatte verheimlicht, dass er Präsident der Rhein-Donau-Stiftung ist. Die Münchener Stiftung steht dem umstrittenen katholischen Geheimbund Opus Dei nahe. Auch Geis erklärte damals, er habe die Meldung "aus Versehen" unterlassen. Geis Nebentätigkeit wurde nachgetragen, auch hier gab es keine Auskunft seitens des Bundestages.

Laut den Verhaltensregeln des Parlaments muss der Bundestagspräsident eine Stellungnahme einholen und eine Prüfung einleiten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Abgeordneter seine Pflichten verletzt hat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.