Ministerin verkauft Titel

Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter hat einen Ratgeber für den Autohandel geschrieben. Auf dem Buchrücken wirbt die CDU-Politikerin mit ihrem Ministeramt

VON KLAUS JANSEN
UND BENJAMIN WASSEN

NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter wirbt mit ihrem Amt für die Buchautorin Roswitha Müller-Piepenkötter. Auf der Aufschlagseite und auf dem Buchrücken ihres Ratgebers „Auto kaufen und verkaufen. Neuwagen – Gebrauchtwagen – Importfahrzeuge – Leasing“ verweist die CDU-Politikerin auf ihren Ministertitel. Auch der Verlag C.H. Beck, der den Ratgeber im März 2006 zehn Monate nach Müller-Piepenkötters Amtsantritt veröffentlichte, wirbt stolz mit dem Amt der Autorin: „Roswitha Müller-Piepenkötter ist Justizministerin des Landes Nordrhein-Westfalen“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Buchreihe Beck-Rechtsberater will laut Verlagssprecher Mathias Bruchmann den „nicht-rechtskundigen Endverbraucher“ ansprechen. Bis jetzt verkaufe sich Müller-Piepenkötters Werk „ganz gut“, sagt er. Fragt sich nur, ob der Erfolg an den praktischen Tipps zum Restwert- und Kilometerleasing liegt – oder ob der Hinweis auf das Amt bei den Kunden für einen Vertrauensvorschuss sorgt.

Die Verhaltensregeln für Abgeordnete im nordrhein-westfälischen Landtag verbieten es, ein politisches Amt für private Zwecke zu nutzen. „Hinweise auf die Mitgliedschaft im Landtag in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten sind zu unterlassen“, heißt es dort unter Paragraph IV. „Für Minister muss Entsprechendes erst recht angenommen werden“, sagt der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim. Aus diesem Grund sei der Hinweis auf Müller-Piepenkötters Amt „nicht koscher“. Andererseits handele es sich bei dem Abdruck „eher um eine Kleinigkeit denn um eine große Angelegenheit“, so von Arnim.

Ein Ministeriumssprecher verweist darauf, dass das Buch vor Müller-Piepenkötters Zeit als Ministerin geschrieben wurde. Zudem sei Werbung und Gestaltung des Buches Sache des Verlages.

Wie viel Müller-Piepenkötter mit ihrem 175 Seiten starken Werk verdient, lässt der Verlag offen. Unabhängig von den Einkünften gilt die Verknüpfung von Amt und Geschäft aber spätestens seit 1993 als heikel. Damals hatte der FDP-Politiker Jürgen Möllemann als Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler zurücktreten müssen, weil er auf dem Briefpapier seines Ministeriums für Einkaufschips geworben hatte, die ein angeheirateter Vetter vertreiben wollte.

Korruptionsexperten geht der Vergleich mit Müller-Piepenkötter jedoch zu weit. „Wenn jemand Minister ist, muss er das nicht geheim halten“, sagt der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok. Zwar hält er den Hinweis auf das Amt für „heikel“ – rechtlich habe sich Müller-Piepenkötter aber nichts vorzuwerfen. „Es geht in diesem Fall nicht um richtig oder falsch, sondern höchstens um eine Stilfrage.“

Auch der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum nennt Müller-Piepenkötters Ratgeber einen „Grenzfall“. Ihm gefalle es, dass Müller-Piepenkötter mit ihrem Ratgeber „Menschen zu mündigen Verbrauchern erziehen“ wolle, sagt das Beiratsmitglied von Transparency International. Mit dem Hinweis auf ihr Amt hätte sie sich dennoch zurückhalten können.