„Mein Bauch gehört mir“ – ein Überblick

Bis in die 70er Jahre waren Abtreibungen strikt verboten – die unrühmliche Geschichte des Paragraphen 218

Der berühmte Paragraph 218 feierte dieses Jahre seinen 135. Geburtstag. Im Mai 1871 wurde er im Reichsstrafgesetzbuch festgeschrieben: „Eine Schwangere, welche vorsätzlich abtreibt oder im Mutterleib tötet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.“

In der Weimarer Republik demonstrierten Sozialdemokraten und Kommunisten zum ersten Mal für die Streichung des Paragraphen – ohne Erfolg. Die Nationalsozialisten erzwangen die Abtreibung von „erbkrankem Nachwuchs“ und setzten die Abtreibung „gesunder“ Kindern unter Todesstrafe.

Nach Kriegsende wurde der alte Paragraph 218 im Westen – ohne Todesstrafe – wieder in Kraft gesetzt. Die DDR führte 1972 die Fristenregelung ein: Bis zur 12. Schwangerschaftswoche durfte dort eine Frau ohne Begründung abtreiben.

Diese Regelung nahm sich die Frauenbewegung in der BRD zum Vorbild. „Mein Bauch gehört mir“ wurde zum Kampfslogan der 70er Jahre gegen den Abtreibungsparagraphen. In Westdeutschland mussten Abtreibungen heimlich durchgeführt werden, Schwangerschaftsabbrüche waren teuer und nicht selten lebensgefährlich. Die Frauenrechtlerinnen wollten Männer nicht weiter darüber bestimmen lassen, ob sie ein Kind bekommen sollten oder nicht. Sie forderten die ersatzlose Streichung des Paragraphen 218.

1974 beschloss der Bundestag unter der sozialliberalen Koalition mit einer knappen Mehrheit eine Fristenregelung. Fünf CDU-regierte Länder klagten, 1975 kippte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz. Ein Jahr darauf wurde die Indikationsregelung eingeführt: Frauen durften straffrei abtreiben, wenn ihr eigenes Leben gefährdet war (medizinische Indikation) oder das Leben des Kindes (eugenische), wenn das Kind Produkt einer Vergewaltigung war (kriminologische) oder die Mutter sich in einer sozialen oder psychischen Notlage befanden (soziale).

Nach der Wiedervereinigung musste eine gemeinsame Regelung gefunden werden. 1995 wurde der bis heute geltende Kompromiss verabschiedet: Abtreibung bleibt grundsätzlich strafbar, mit Beratung ist sie bis zur zwölften Woche erlaubt. Spätere Abbrüche müssen mit einer medizinischen oder eugenischen Indikation begründet werden. NAW