„Ich bin wirklich friedliebend“

Der Amokläufer von Emsdetten soll von dem Killerspiel „Counterstrike“ beeinflusst gewesen sein. Ein Interview mit Rami Alloumi, dem Trainer der deutschen Counterstrike-Nationalmannschaft, der in der Nähe von Bremen lebt

taz: Herr Allouni, der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann will „Killerspiele“ verbieten lassen. Zu recht?

Rami Allouni: Das ist standardmäßig die erste Reaktion der Politik, wenn so was passiert wie jetzt in Emsdetten. Das war nach dem Amokschützen in Erfurt auch so, auch wenn sich herausgestellt hat, dass der junge Mann nicht mal Counterstrike gespielt hatte. Die Politiker fühlen sich unter Druck, und dann suchen sie einen Schuldigen.

Sie denken, ein Verbot bringt nichts?

Nein, das wird nichts bringen. Der junge Mann war, so viel ich gelesen habe, relativ isoliert und frustriert. Der gab der Schule die Schuld an allem und wollte sich rächen. Selbst wenn er Computerspiele gespielt hätte, glaube ich nicht, dass das den Ausschlag gegeben hätte. Ein Computerspiel kann nicht aus einem Menschen einen Killer machen.

Was für Leute spielen Counterstrike?

Das sind Leute wie jeder. Das können Ihre Kinder sein, und das sind ganz sicher keine Massenmörder. Das ist ein Schnitt durch die Gesellschaft. Für die Jugend ist Spielen einfach nur ein Zeitvertreib.

Wie ist es bei Ihnen?

Ich bin noch in der Organisation aktiv, aber ich habe keine Zeit mehr, selber zu spielen. Beruflich bin ich Systemadministrator bei einem Internetanbieter. Privat bin ich verheiratet und kümmere mich um meine Tiere, von denen ich mittlerweile ziemlich viele habe.

Tiere?

Pferde, Hunde, Katzen, was man halt so hat, wenn man auf einem Pferdehof wohnt. Ich bin wirklich friedliebend und plane nicht, in nächster Zeit irgendwas in die Luft zu sprengen. Wenn man so genannte Killerspiele wie Counterstrike spielt, stellt man fest, dass es nicht den Reiz ausmacht, auf irgendjemand zu schießen, sondern dass da der Teamaspekt im Vordergrund steht. Counterstrike wird ja in Teams gespielt.

Trotzdem gibt es ein beachtliches Arsenal an Waffen, mit dem die Spieler ausgestattet werden.

Zweifelsohne, aber man darf nicht vergessen: Das Spiel ist sieben Jahre alt und sicherlich nicht das, was man heute als blutrünstig bezeichnen würde. Da fliegen keine Körperteile durch die Gegend. Trotzdem hat das Spiel einen hohen Reiz, weil dieser Teamaspekt, der dahinter steht, immer gut angekommen ist. Das ist das, was das Spiel ausmacht.

Was passiert in Counterstrike, wenn man jemand erschießt?

Der fällt auf den Boden.

Kein Blut?

Standardmäßig gibt es in der deutschen Version kein Blut.

Haben die Counterstrike-Spieler nicht trotzdem einen schlechten Ruf? Als Leute, die schnell beleidigt sind und andere beschimpfen?

Also wenn ich abends durch Hamburg gehe, sehe ich viele Menschen, die deutlich schneller beleidigt sind und bei denen ich deutlich vorsichtiger wäre als bei Computerspielern. Da reicht es ja manchmal schon, falsch zu gucken, und man befindet sich in einer kniffligen Situation. Dieses Schubladendenken funktioniert einfach nicht mehr, dazu hat sich die Gesellschaft zu sehr geändert. Interview: DANIEL WIESE