Integrationsbilanz: Berliner Senat muss nachbessern

Der erste "Umsetzungsbericht zum Integrationskonzept 2007" gibt trotz einiger Erfolge mehr Grund zum Jammern als zum Jubeln. Sorgen machen vor allem der Arbeitsmarkt und die Schulabschlüsse.

Bestens integriert in die Stadt: Die Sozialsenatorin Knake-Werner Bild: ap

Das Integrationskonzept 2007 gibt konkrete Handlungsfelder und Ziele vor. Leitprojekte wie etwa die Einbürgerungskampagne sollen zu messbaren Ergebnissen führen - auf einzelnen Feldern wie gesellschaftlicher Partizipation, Bildung, Arbeitsmarkt oder Kulturförderung.

Zudem werden Indikatoren festgelegt, die seit Anfang 2008 in einem regelmäßigen Monitoring Erfolge oder Misserfolge der Berliner Integrationspolitik abbilden sollen. Dazu gehören etwa Zahlen über schulische Erfolge von MigrantInnen, aber auch ihre Teilnahme am öffentlichen Leben. Den ersten entsprechenden Bericht legte die Senatsverwaltung für Integration am Dienstag vor. AWI

Eine "positive Entwicklung bei nach wie vor erheblichem Handlungsbedarf" - es war eine ehrliche Bilanz, die Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) am Dienstag bei der Vorstellung des ersten "Umsetzungsberichts zum Integrationskonzept 2007" des Senats zog. Denn mit Erfolgsmeldungen konnte Knake-Werner nur in wenigen der sieben Handlungsfelder aufwarten, die das Integrationskonzept festgelegt hat.

Die sind dafür gar nicht so schlecht: So ist etwa die Zahl der Auszubildenden mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst von 58 im Jahr 2006 auf 98 im vergangenen Jahr gestiegen - und damit von 8,7 auf 14,3 Prozent. Auch insgesamt hat sich die Zahl der Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft im öffentlichen Dienst Berlins erhöht: von 5,1 Prozent im Jahr 2005 auf 5,7 zwei Jahre später. Getan hat sich auch im Bereich Bildung etwas: Die Zahl der SchulabgängerInnen nichtdeutscher Herkunft, die das Abitur schaffen, stieg von knapp 18 Prozent im Schuljahr 2005/06 auf fast 22 Prozent im Abschlussjahr 2008.

Doch trotz solcher Erfolge zeigen die von Knake-Werner vorgelegten Zahlen auch, dass daraus noch lange nicht der Schluss zu ziehen ist, Menschen mit Migrationshintergrund ginge es mittlerweile generell besser in Berlin. Der Prozentsatz derjenigen, die die Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen, ließ sich kaum verringern. Und die Zahl der SchulabbrecherInnen mit Migrationshintergrund ist sogar leicht angestiegen: von 7,6 auf 8,1 Prozent. Und die Chancen nichtdeutscher Jugendlicher auf dem Ausbildungsmarkt verschlechterten sich weiter: 2006 waren nur 4,1 Prozent der Azubis Nichtdeutsche, zehn Jahre früher waren es noch 6,1 Prozent.

Die Arbeitslosigkeit unter MigrantInnen lag mit 31,4 Prozent zum Jahresende 2008 doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung. Das sei allerdings erheblich niedriger als noch zwei Jahre zuvor, betont die Integrationssenatorin: "2006 lag die Arbeitslosigkeit bei Zuwanderern noch bei beinahe 40 Prozent!"

Senatorin Knake-Werner verweist anhand dieser Zahlen auf ein großes Problem, vor das der Bericht ihre Verwaltung gestellt habe. Während nämlich etwa Zahlen der Senatsverwaltung für Bildung schon lange den Migrationshintergrund von SchülerInnen erfassen, weisen andere Statistiken - etwa die über Arbeitsmarktentwicklungen - meist lediglich die Staatsangehörigkeit der Erfassten aus. Zudem sind die unterschiedlichen Behörden verschieden schnell bei der Erstellung ihrer Statistiken.

Deshalb liefern manche der von Knake-Werner vorgelegten Zahlen nur Informationen über die Jahre bis 2006 - also bevor das Integrationskonzept in Kraft trat. Andere Daten, die zu den im Konzept festgelegten Integrationsindikatoren gehören, fehlen sogar ganz, etwa Angaben über Lehrer und ErzieherInnen mit Migrationshintergrund: Sie werden bislang schlicht noch nicht erhoben.

Das Problem der Erfassung aussagekräftiger und vergleichbarer Daten "erledigt sich, aber langsam", sagt der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, der das Integrationskonzept maßgeblich gestaltet und vorangetrieben hat. Sein Beispiel: Erstmalig bietet der Bericht Informationen darüber, wie viele Anträge auf Förderung kultureller Projekte beim Senat von MigrantInnen gestellt - und wie viele davon bewilligt wurden: 25,5 Prozent der Anträge, 24,2 Prozent der Bewilligungen. Es werde "ein längerer Prozess sein", so Piening, bis sich in jedem Handlungsfeld des Integrationskonzeptes Entwicklungen tatsächlich abbilden lassen.

Bereits jetzt aber, so Piening, bilde der Bericht "in einigen Bereichen sehr schöne Erfolge ab". Manche Berliner Projekte seien im Nationalen Integrationsplan des Bundes sogar als Vorbilder erwähnt. "In den Bereichen, in denen wir als Senat handeln können, sind wir gut aufgestellt", so Piening. Nagelprobe für die Integration sei jedoch der Arbeitsmarkt, so der Integrationsbeauftragte: "Und da betrachten wir die Entwicklung angesichts der Krise derzeit mit Sorge." Denn Arbeitsplätze könne nicht allein der Senat schaffen. Dass MigrantInnen ihren Beitrag dazu bereits leisten, zeige sich laut Piening in der konstant hohen Zahl Selbständiger unter ihnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.