Bremen bekommt die Jakobs-Uni

Die Bremer Privatuni IUB wird künftig aus dem Erbe der Kaffee-Firma Jacobs gefördert – mit 200 Millionen Euro. Jacobs übernimmt im Gegenzug zwei Drittel der Gesellschafteranteile. Ein neuer Name wird die Besitzverhältnisse klarstellen

AUS BREMENKLAUS WOLSCHNER

Die Überraschung war perfekt: Mit 200 Millionen Euro will die Stiftung des früheren Bremer „Kaffee-Barons“ Klaus Jacobs, die schweizerische Jacobs Foundation, der International University Bremen (IUB) aus der Finanzklemme helfen. Jacobs übernimmt im Gegenzug zwei Drittel der Gesellschafteranteile der IUB-GmbH. Der Name der Universität wird die neuen Besitzverhältnisse deutlich machen: „Jacobs University Bremen“.

Das Land wird für das Jahr 2007 fünf Millionen Euro zur Verfügung stellen, mit der die IUB gemeinsame Forschungsprojekte mit der staatlichen Universität Bremen finanzieren kann – mehr Zusagen der staatlichen Seite gibt es offiziell nicht.

Vor einem halben Jahr hat sich der neue IUB-Präsident Joachim Treusch noch mit einem flotten Spruch Mut gemacht: „Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, dann muss man den Kopf besonders hoch halten.“ Nun kann er mit erhobenem Haupt den ersten Erfolg präsentieren. Das Vermögen der Jacobs-Stiftung beträgt derzeit rund 1,45 Milliarden Euro – die IUB braucht sich also kaum noch Sorgen zu machen um ihre Zukunft.

Treusch hofft, dass die Existenzsicherung nun auch andere private Spender ermutigt, die sich in den vergangenen Jahren sehr viel weniger als erwartet engagiert hatten.

In den kommenden fünf Jahren will die Jacobs Foundation jährlich 15 Millionen Euro für Forschung und Lehre ausgeben und damit das laufende Defizit der IUB – in 2005 waren das 20 Millionen Euro – weitgehend abdecken. Im Jahr 2011 sollen dann zusätzlich 125 Millionen Euro in den Kapitalstock der Universität fließen, das sei fest vereinbart, sagt Kaffee-Erbe Klaus Jacobs zur taz. Ob mit dem Geld der zu diesem Zeitpunkt fällige 50-Millionen-Kredit des Landes Bremen als erstes zurückgezahlt werde, müsse dann beredet werden.

Wissenschaftssenator Willi Lemke freute sich derweil über das „wunderbare Geschenk für Bremen“, das die Sorgen aus den letzten Monaten zerstreuen werde, dass die private Uni doch „an den staatlichen Tropf geraten“ würde. Die 106 Millionen Euro Starthilfe, die die IUB 1999 vom Land Bremen erhalten hatte, sind längst aufgebraucht: In der Bilanz für 2005 stehen Bankkrediten über 89 Millionen Euro nur noch Wertpapier-Fonds von 76 Millionen Euro gegenüber.

IUB-Präsident Treusch erklärte, die Hochschule stehe dank der Finanzspritze „nicht am Ende, sondern am Anfang einer Erfolgsstory“. Eine derart große Spende für eine private Universität habe es in Europa bisher nicht gegeben, beschrieb Senator Lemke die Dimension des Erfolges.

„Besonders wichtig für die Kooperation,“ begründet Klaus Jacobs das Investment seiner Foundation, „ist das gemeinsame Ziel, junge Menschen gleich welcher Herkunft praxisnah mit Blick auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft auszubilden.“

Ungelöst bleibt ein weiteres Geldproblem der IUB: Nicht einmal jeder zehnte Student zahlt die Studiengebühren, die für Bachelorstudenten 15.000 und für Masterstudenten 20.000 Euro jährlich betragen, in voller Höhe. Viele Studierende haben Rabatte erhalten oder Vollstipendien. Zusammen mit den Stipendien kommen nur 50 Prozent der möglichen Einnahmen aus Studiengebühren in die Kasse. Die größten Studentengruppen kamen in den ersten Jahren aus Ländern Osteuropas.

Eine Expertenkomission, die „mittelfristige Perspektiven“ entwickeln sollte, nahm die IUB in den letzten Monaten intensiv unter die Lupe und ortete zudem erhebliche wissenschaftliche Defizite. Sie kam zu dem Ergebnis, die IUB habe „derzeit nicht die Möglichkeit, aus eigener Kraft zu einer international sichtbaren Forschungsuniversität zu werden“. Es fehlen auch größere Zahlen von Studenten in höheren Semestern: von den rund 1.000 Studenten sind 618 im Bachelorstudium. Und da die meisten Bachelor-Absolventen Deutschland wieder verlassen, sehen die Personalabteilungen der Firmen, die doch für die IUB spenden sollen, bei ihren Bewerbungsrunden wenig von den Absolventen.

Aus der Expertenkritik will die IUB Konsequenzen ziehen und das Selbstverständnis bescheidener formulieren, auf mehr Konzentration bei den Forschungsansätzen und mehr Kooperation mit anderen staatlichen Forschungs-Einrichtungen setzen. IUB-Präsident Treusch will seine IUB auf Forschungsschwerpunkte konzentrieren, bei denen es regional Kooperationspartner gibt – sei es in der Bremer Universität oder in Forschungsinstituten. Er griff auch eine weitere Empfehlung der Kommission auf: Er will dafür sorgen, dass mehr IUB-Studenten Deutsch lernen und Interesse an ihrem Gastland entwickeln. „Die Sprache des Gastlandes zu beherrschen ist nicht nur nützlich, um sich auch außerhalb des Campus zurechtzufinden“, erklärte er jüngst den neu eingeschriebene Studenten. „Es wird Ihnen auch helfen, Praktikums- und Arbeitsplätze in Deutschland zu finden.“