Mach’s doch selber, Bund!

Nach dem negativen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes will sich Berlin mehr Geld vom Bund holen: für die Polizei, Opern oder Bauprojekte. Fragt sich nur, ob das nicht leere Drohungen sind

VON RICHARD ROTHER

Der Bund und die anderen Länder haben Berlin, vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe unterstützt, mit seinen historisch gewachsenen Altschulden allein gelassen. Als Reaktion darauf kündigen SPD und Linkspartei.PDS, die derzeit über die Fortsetzung ihrer Koalition verhandeln, eine härtere Gangart gegenüber dem Bund an. So will sich Berlin bei mehreren Projekten in der Hauptstadt aus der Finanzierung zurückziehen. Allerdings handelt es sich hierbei „nur“ um Millionenbeträge, während der Senat in Karlsruhe auf Milliardenhilfen zur Entschuldung geklagt hatte. Diese Klage hatte das Gericht in der vergangenen Woche zurückgewiesen.

Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit Berlin überhaupt politisches und juristisches Drohpotenzial hat, um den Bund mehr in die Pflicht zu nehmen. Ein Beispiel ist die seit Jahren umstrittene Kanzler-U-Bahn U 55, die vom Alexanderplatz über Unter den Linden zum Hauptbahnhof geführt werden soll. Den Löwenanteil an diesem Projekt zahlt ohnehin der Bund, nun stellt Berlin in Frage, den Eigenanteil von rund 100 Millionen Euro aufbringen zu können. Ein Ausstieg aus dem Projekt ist aber nicht ohne Weiteres möglich. Berlin drohen in diesem Fall hohe Rückforderungen. Zudem ließe sich ein Teil der Mittel nicht so leicht für andere Verkehrsprojekte umwidmen, sie wären für Berlin verloren. Zusammengefasst: keine gute Verhandlungsposition für Berlin, das nun eine zeitliche Verzögerung ins Spiel bringt. In diesem Fall würden die zugesagten Mittel später fällig.

Etwas anders ist die Gemengelage beim Humboldt-Forum Unter den Linden, das an Stelle des Palastes der Republik entstehen soll. Bislang ist vereinbart, dass sich Berlin mit 25 Prozent der Baukosten beteiligt. Nun heißt es: keinen Euro dafür aus Berlin. Bei geschätzten Kosten von knapp 800 Millionen Euro kommt also eine ansehnliche Sparsumme zusammen.

Mehr Geld fordert Berlin auch beim Thema Sicherheit. Zwar beteiligt sich der Bund bereits mit 38 Millionen Euro – etwa für die Bewachung von Botschaften oder für Polizeieinsätze bei bundesweiten Demonstrationen. Nach Schätzungen belaufen sich die Kosten auf 100 Millionen Euro. Das mögliche Drohpotenzial ist gegeben: Die Berliner Polizei könnte weniger Beamte als bisher für solche Aufgaben einsetzen – diese würden zwar eine Basissicherung gewährleisten, die allerdings nicht das hohe Sicherheitsbedürfnis aller Betroffenen erfüllen muss.

Zwiespältig ist die Situation bei der Staatsoper Unter den Linden. Zwar beteiligt sich der Bund mit 50 Millionen Euro an der Sanierung, Berlin möchte aber die Verantwortung für die Oper, die gern von in- und ausländischen Touristen besucht wird, komplett abgeben. Mögliches Drohszenario: Berlin stellt alle Zahlungen ein, der Bund müsste einspringen, um das Prestigeobjekt zu erhalten. Bliebe Berlin hart, schadete es sich auch selbst – schließlich ist die Oper ein Publikumsmagnet.

Problematisch ist auch die Idee, Nichtberliner Studenten in der Stadt zur Kasse zu bitten. Zwar ist es nicht einzusehen, dass das bettelarme Berlin die Ausbildung der Eliten aus reichen Bundesländern finanziert. Allerdings dürfte es schwierig sein, eine Berliner Abiturienten bevorzugende Regelung zu finden, die das Bundesverfassungsgericht nicht angreifen kann. Zudem forcierte eine solche Regelung, so angemessen und sozial gestaltbar sie aus Berliner Sicht auch sein mag, die Einführung von Studiengebühren an sich. Und die lehnen Linkspartei.PDS und große Teile der SPD ab.