Die drei ??? vor dem Verfassungsgericht

Katastrophe? Kompromiss? Kompletter Sieg? In jedem Fall werden die Folgen des Urteils für Berlin gewaltig sein

Die Finanzbeamten haben vorgesorgt. Ihre Ungewissheit, wie die Verfassungsrichter über Berlins Klage urteilen werden, bannen die Mitarbeiter von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) in konkrete Zahlen. Dazu gehören drei Szenarien, wie Berlin nach der Gerichtsentscheidung wirtschaften könnte. Nur eines von ihnen ist wirklich erfreulich.

Eine finanzielle Katastrophe wäre es für viele, wenn das Bundesverfassungsgericht Berlins Klage abweist. Das Land bliebe nicht nur auf seinen mehr als 61 Milliarden Euro Schulden sitzen, sondern auch auf seinen fast 2,5 Milliarden Euro jährlichen Schuldzinsen. Zudem müsste Berlin noch mehr sparen, denn die derzeit 2 Milliarden Euro aus dem Solidarpakt jährlich schrumpfen ab 2009 um rund 160 Millionen Euro pro Jahr. Um zumindest sie zu bezahlen, nimmt Berlin jährlich neue Kredite auf. Ohne Entlastung durch Bund und Länder wächst Berlins Schuldenberg immer schneller.

In diesem Fall müssten die sechs Wohnungsunternehmen mit ihren rund 270.000 Wohnungen wahrscheinlich verkauft werden. Noch mehr Stellen im öffentlichen Dienst würden wegfallen. Studiengebühren kämen mit großer Sicherheit, die versprochenen gebührenfreien Kitabesuche fielen weg.

Im zweiten Szenario erhoffen sich die Finanzbeamten 10 Milliarden Euro. Zu wenig, um den Schuldenberg abzubauen. Immerhin ließen sich die jährlichen Zinszahlungen um 400 Millionen Euro verringern. Doch da Berlin ohnehin bald weniger vom Bund bekommen wird, heißt das: Die Stadt muss über Jahrzehnte weitersparen.

Nur das dritte Szenario klingt einladend: Das Gericht spricht Berlin 30 Milliarden Euro zu. Die drückende Schuldenlast des Landes wäre halbiert, ebenso die dafür fällige Zinszahlung. Berlin hätte damit jährlich rund 1,2 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. MATTHIAS LOHRE