Kritik an Richtern

Das Bundesverfassungsgericht fordert eine strengere Prüfung von Hausdurchsuchungen in Deutschland

FREIBURG taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat die Ermittlungsrichter gestern in mehreren Fällen ermahnt, die Zulässigkeit von Hausdurchsuchungen strenger zu kontrollieren. Gestern machte das Gericht – wohl mit pädagogischer Absicht – gleich drei Beschlüsse über erfolgreiche Verfassungsbeschwerden bekannt.

So kritisierten die Verfassungsrichter einen Fall in München, bei dem die Wohnung eines Tatverdächtigen ganz ohne richterlichen Beschluss durchsucht wurde. Begründung der Polizei: um 18 Uhr sei kein Ermittlungsrichter mehr greifbar gewesen, deshalb habe „Gefahr im Verzug“ vorgelegen. Die Verfassungsrichter waren spürbar wütend. „Es kann nicht hingenommen werden, dass in einer Stadt der Größe Münchens am frühen Abend eine Wohnung allein aufgrund der Anordnung von Polizeibeamten und ohne Versuch, einen richterlichen Beschluss zu erwirken, durchsucht wird“, heißt es in der gestrigen Entscheidung.

Schon vor einigen Jahren hatte das Verfassungsgericht angemahnt, dass stets ein Ermittlungsrichter greifbar sein müsse. Jetzt wird diese Erreichbarkeit „uneingeschränkt“ für die Zeit von vier Uhr morgens (im Winter ab 6 Uhr) bis neun Uhr abends gefordert.

In zwei weiteren Fällen fanden die Verfassungsrichter die Hausdurchsuchung unverhältnismäßig. Einmal ging es lediglich um zwei Bußgeldbescheide wegen Falschparkens in Höhe von je 15 Euro. Betroffen war ein Anwalt, der angab, er habe an den fraglichen Tagen nur kurz Akten beim Gericht abgegeben. Die Polizisten glaubten das nicht und durchsuchten seine Kanzlei, um seinen Terminkalender zu beschlagnahmen. Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht hatte dies genehmigt.

Seit 2005 gab es am 2. Senat des Verfassungsgericht 18 erfolgreiche Klagen wegen unzulässiger Hausdurchsuchungen. Das entspricht etwa 20 Prozent aller erfolgreichen Klagen. (Az.: 2 BvR 876/06, 2 BvR 1141/05 u. a.)

CHRISTIAN RATH