Der Wächter über die Netze

Matthias Kurth ist Präsident der Bundesnetzagentur. Er will die Infrastruktur der alten Monopolisten für die Konkurrenz öffnen und bekämpft überteuerte Netzentgelte

BERLIN taz ■ Auf dem Podium steht der Wächter der Netze. Matthias Kurth ist als Präsident der Bundesnetzagentur der oberste Kontrolleur über Telefonkabel, Hochspannungsleitungen, Gasröhren und die Gleise der Deutschen Bahn AG. All das liegt noch in den Händen der früheren Monopolisten, die nicht unbedingt ein Interesse daran haben, dass Konkurrenten ihre Netze nutzen.

Doch es macht Sinn, die Infrastruktur möglichst vielen zugänglich zu machen, denn nur so entsteht richtiger Wettbewerb, von dem alle profitieren können. Das ist die Botschaft, die Kurth auch heute auf einer Tagung vor Vertretern der Energiewirtschaft mit flinker Zunge und voller Elan verkündet. Weil aber alles Reden allein nicht hilft, hat Kurths Behörde mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz auch das Recht bekommen, den Stromkonzernen bei ihrer Preisgestaltung hineinzureden. Das bedeutet, Eon, RWE, Vattenfall und EnBW müssen die Gebühren, die ihre Konzerntöchter für die Nutzung der Netze berechnen, seit diesem Jahr von Kurths Mitarbeitern absegnen lassen.

Augenscheinlich haben die Konzerne sich über ihre Leitungen in der Vergangenheit saftige Gewinne in die Bilanzen geholt und so nicht nur Wettbewerbern das Leben schwerer gemacht, sondern auch dem normalen Stromverbraucher. Denn die Netzkosten machen mittlerweile 39 Prozent des Strompreises aus. In den vergangenen Wochen hat die Netzagentur jedenfalls bei jedem der vier Großen den Rotstift angesetzt und die Netzentgelte um bis zu 18 Prozent gekürzt.

Klar, dass die Konzerne das nicht mögen. Kurth berichtet verärgert davon, dass seinen Mitarbeitern häufig „hunderte von Seiten“, die Licht in die interne Kalkulation der Konzerne bringen könnten, vorenthalten werden und erst dann zur Verfügung stehen, wenn die Agentur mit saftigen Kürzungen droht.

Und die Konflikte mit den Konzernen dürften sich noch verschärfen. Denn in einigen Jahren soll das System der so genannten „Anreizregulierung“ funktionieren. Dann wird das Unternehmen, das seine Netze am effektivsten nutzt und damit die geringsten Kosten ausweist, zum Maßstab für alle in der Branche gemacht. Wer mehr berechnet und dafür keine guten Gründe vorweisen kann, wird dann erneut mit kräftigen Kürzungen bei den Netzentgelten rechnen müssen.

STEPHAN KOSCH