Fauler Kompromiss

VON CHRISTIAN HONNENS

Bund und Länder haben sich auf einheitliche Standards für die Kontrolle von Lebensmitteln geeinigt. Das gaben Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) und mehrere Länderkollegen gestern nach einer Sonderkonferenz in Berlin bekannt. Die Minister haben sich auf 13 Punkte verständigt, die die Fleischsicherheit zukünftig verbessern sollen.

Die Lebensmittelkontrollen sollen bundesweit schlagkräftiger werden. In den Ländern wird bisher unterschiedlich intensiv kontrolliert. „Wir werden Sorge tragen für eine entsprechende personelle Ausstattung“, so Margit Conrad, Verbraucherministerin in Rheinland-Pfalz. Die Minister einigten sich auf ein länderübergreifendes Qualitätsmanagement. Dabei sollen Betriebe nach Risiko bewertet werden. Auch die Kontrollbehörden sollen in Zukunft durch Auditierung kontrolliert werden, sagte Conrad.

Schon in der nächsten Woche wird die Bundesregierung die gesetzlichen Rahmenvorgaben für die Lebensmittelüberwachung weiter verschärfen. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesverbraucherministeriums der taz. Am kommenden Mittwoch werde das Kabinett über eine entsprechende Gesetzesänderung beraten, die bundesweit verbindliche Inspektionsintervalle für Lebensmittelbetriebe festlegt. „Wenn dies eins zu eins umgesetzt wird, dann müssen mehr Kontrolleure eingesetzt werden“, sagte Martin Müller, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure.

Im Kampf gegen Betrug ist vorgesehen, dass der Strafrahmen konsequenter ausgeschöpft werden soll.

Damit die Verantwortlichen von Betrieben in Zukunft weniger häufig gegen das Lebensmittelrecht verstoßen, soll nun ihre Zuverlässigkeit geprüft werden. Darüber hinaus soll der Bund herausfinden, ob eine Sachkundeprüfung für Lebensmittelunternehmer erforderlich ist. Bisher wird kein Sachkundenachweis verlangt.

Bund und Länder diskutierten auch über das umstrittene Verbraucherinformationsgesetz, das am 22 September im Bundesrat verabschiedet werden soll. Nach dem Willen der Minister soll es die Veröffentlichung betroffener Firmen erleichtern.

Doch das ist umstritten. Grüne, Teile der SPD und Verbraucherschützer kritisieren Lücken bei der Veröffentlichungspflicht. „Den Behörden bleiben zu große Ermessensspielräume, und die Verbraucher werden nicht erfahren, an welchen Stellen verdorbene Lebensmittel in den Handel kommen“, kritisierte die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller. Auch Brandenburgs Verbraucherminister Dietmar Woidke (SPD) geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. Unternehmen könnten zu leicht gegen die Namensnennung vorgehen, wenn sie sich auf das Geschäftsgeheimnis berufen, sagte Woidke.

Die Verbraucherminister einigten sich als Kompromiss darauf, das Gesetz alle zwei Jahre auf seine Wirksamkeit zu überprüfen. Sie erwarten auch, dass sich alle Betriebe der Verpflichtung zur Eigenkontrolle stellen.

Nach einer Forsa-Umfrage unterstützen 81 Prozent der Bevölkerung die Forderung, dass der Name von Firmen genannt werden soll, wenn sie altes oder vergammeltes Fleisch verarbeiten oder weiterverkaufen.

Seehofer war mit seiner Forderung nach mehr Bundeskompetenz auf scharfe Kritik in den Ländern gestoßen. Im Gespräch war zuvor eine Kontrollgruppe von Bundesseite her, aber keine neue Behörde. Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) sagte Konsequenzen für mögliche Verstöße bei Lebensmittelkontrollen zu. „Wenn Fehler gemacht worden sind, müssen die Verantwortlichen für Fehler auch gerade stehen“, sagte er. „Es ist ärgerlich, dass die Skandale in Bayern in der letzten Zeit gehäuft aufgetreten sind.“

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