Beschäftigung für einen Ex-Politiker

Weil sich Bahngewerkschaften und Vorstand nicht über eine Beschäftigungsgarantie einigen konnten, muss ein Schlichter ran. Bleibt er erfolglos, dürfte ein Arbeitskampf den Druck auf die Verhandlungen um den Börsengang der Deutschen Bahn erhöhen

VON STEPHAN KOSCH

Bei der Deutschen Bahn drohen Streiks. Nach einem vierstündigen Gespräch zwischen Arbeitnehmervertretern und der Konzernführung der Deutschen Bahn erklärten die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA die Verhandlungen über eine Beschäftigungssicherung für gescheitert. Zwei Wochen haben die Beteiligten nun Zeit, durch eine Schlichtung doch noch eine Einigung zu erzielen. Diese Gespräche sollen nach dem Willen der Gewerkschaften von Exkanzler Gerhard Schröder (SPD) geleitet werden. Die Deutsche Bahn hingegen hat Sachsens früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf angefragt. Bleibt die Schlichtung erfolglos, kann es zum Arbeitskampf kommen.

Eigentlich gilt die vor zwei Jahren geschlossene Beschäftigungssicherung für 130.000 Mitarbeiter bis 2010. Allerdings sieht der Vertrag Neuverhandlungen für den Fall vor, dass die Bahn im Zuge des Börsengangs in mehrere Gesellschaften aufgeteilt wird und das Schienennetz in der Hand des Bundes bleibt. Diese Lösung wird in Teilen der Politik angestrebt. Bahnchef Hartmut Mehdorn und die Gewerkschaften streben hingegen den so genannten intergrierten Börsengang an, bei dem das Schienennetz weiterhin der Bahn gehören soll.

Die Entscheidung über die Frage, wie die Bahn an die Börse gebracht werden soll, ist noch nicht gefallen. „Wir sind auf gutem Weg, den integrierten Konzern zu erhalten“, erklärte Mehdorn gestern. Deshalb sehe er keinen Anlass, den geltenden Vertrag über die Beschäftigungssicherung zu verändern. Die Gewerkschaften Transnet und GDBA wollen hingegen für den Fall gewappnet sein, dass der Staat die Kontrolle über das Schienennetz behält, und streben daher weitergehende Arbeitsplatzgarantien an. „Wir erwarten, dass die Deutsche Bahn unabhängig von der Form des Börsengangs zu ihren Zusagen steht“, sagte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel. „Eine solche Zusage haben wir beim heutigen Spitzengespräch erwartet, aber nicht erhalten.“

Die Schlichtung soll am kommenden Montag beginnen und in maximal zwei Wochen zum Ergebnis führen. Damit fallen die Gespräche genau in die entscheidende Phase der politischen Entscheidungen über den Börsengang. Nach Angaben aus Regierungskreisen trifft sich am kommenden Montag die so genannte Lenkungsgruppe der Bundesregierung, die sich auf eines der vorgeschlagenen Modelle einigen soll. Bis Ende September soll dann ein Kabinettsbeschluss vorliegen, der im Bundestag und Bundesrat eine Chance auf Zustimmung hat. Sollte die Schlichtung im Tarifstreit zwischen Gewerkschaften und Vorstand nicht erfolgreich sein, könnten diese politischen Beratungen von Streiks und Zugausfällen begleitet werden.

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